: „Hier habt ihr mein Geld“
Praktizierter Sozialismus: Software-König Bill Gates verschenkt sechs Milliarden Dollar an seine Stiftung ■ Von Beate Willms
Berlin (taz) – Was hat man Bill Gates nicht schon alles vorgeworfen, wenn er wieder einmal öffentlichkeitswirksam eine Millionen-, wenn nicht gar Milliardenspende lancierte: Dass es ihm nur ums Image gehe, dass er der Steuer ein Schnippchen schlagen wolle, dass er Computer und Software nur deswegen an Schulen verschenke, um die Kinder zu zukünftigen Microsoft-Kunden zu machen. Und vor allem, dass er – gemessen an seinem Reichtum – immer noch viel zu knausrig sei.
Zumindest einen Teil davon dürfte er jetzt entkräftet haben. Nachdem Gates und seine Frau Melinda ihre beiden größten Stiftungen fusioniert und zudem noch mit einer Mitgift von sechs Milliarden US-Dollar versehen haben, gehört dem reichsten Mann der Welt jetzt auch die Stiftung mit dem größten Vermögen in den gesamten USA. Und mit einem Kapital von 17,1 Milliarden US-Dollar ist die neue Bill and Melinda Gates Foundation nur noch 2,1 Milliarden US-Dollar von der Weltspitze, der Wellcome Trust der Londoner Pharmafirma Glaxo-Wellcome, entfernt.
Insgesamt hat Gates damit in diesem Jahr bereits 16 Milliarden US-Dollar gespendet. Von diesem Betrag kann er nur einen Bruchteil steuerlich absetzen.
Die Stiftung dürfte nun eine Menge Arbeit vor sich haben. Das US-amerikanische Stiftungsrecht sieht vor, dass jede gemeinnützige Stiftung jährlich fünf Prozent ihres Kapitals investieren muss: Und 855 Millionen US-Dollar in zwölf Monaten, also rund 2,3 Millionen am Tag, wollen erst einmal ausgegeben sein – auch wenn die Stiftungsaktivitäten, die sich auf Gesundheitsversorgung und -forschung, Computerschulung an öffentlichen Bildungseinrichtungen und Einzelprojekte im Pazifischen Nordwesten konzentrieren, durchaus kostspielig sind. Dass eine Einrichtung wie das Kindermuseum Portland nach einem einzigen halbseitigen Konzept, das der Direktor „mal eben an Gates gemailt“ haben will, binnen drei Wochen mit einem 600.000-US-Dollar-Scheck beglückt wird, dürfte dabei allerdings die Ausnahme sein.
Auch wenn die Nachrichtenflut aus den USA gegenüber den wenigen großen Spendenmeldungen aus Deutschland den Eindruck erwecken könnte, halten Experten das US-amerikanische Stiftungswesen für „kaum wesentlich ausgabefreudiger und laxer“ als etwa das bundesdeutsche. „Es gibt vielleicht mal Einzelfälle, wo man mehr Geld hat als man ausgeben kann“, so Peter Walkenhorst, Projektleiter der Stiftungsforschung bei Bertelsmann gegenüber der taz. Die Stiftungen in Deutschland seien aber nicht wesentlich schlechter mit Kapital ausgestattet. Allerdings hätten private Spenden und Sponsoring-Aktivitäten in den USA einen ganz anderen Stellenwert, wie auch der so genannte dritte Sektor zwischen Markt und Staat eine größere Rolle spiele.
„In den USA ist das Stiftungsrecht sehr viel unternehmerischer angelegt“, so Walkenhorst. In Deutschland darf eine Stiftung derzeit nur so viel Geld ausgeben, wie sie an Spenden eingenommen hat, das Vermögen wird nicht angetastet. „Das heißt, dass Stiftungen hier nicht wachsen können.“
Unter anderem das könnte demnächst anders werden. „Die neue Bundesregierung wird das Stiftungsrecht novellieren und im Rahmen der Steuerreform neue Möglichkeiten für Mäzenaten, Stifter und Kultursponsoren eröffnen“, steht im Koalititonsvertrag. Noch im Herbst, sieht der vorläufige Zeitplan vor, soll Staatssekretär Michael Naumann einen Entwurf vorlegen.
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