: Tricks bei Drittmittel-Rechnung
■ Uni Bremen: 80 Millionen Mark Drittmittel wurden 1998 einge- worben / Doch ein großer Batzen davon kommt aus der Landeskasse
Ohne Drittmittel könnten viele Universitäten nicht mehr existieren. Die begehrten Gelder, die klassisch definiert werden als „Erträge für Forschung aus Staat und Wirtschaft“ machen einen immer größeren Teil der Hochschul-Etats aus. Ein hoher Drittmittel-Anteil wird gleichzeitig als Auszeichnung der Hochschul-Forschung gesehen.
Bei der Uni Bremen macht der Anteil aus Drittmitteln bereits 26 Prozent des Gesamthaushaltes von 300 Millionen Mark im Jahr aus. 1998, so verkündete die Uni-Leitung vor wenigen Tagen stolz, habe das Drittmittel-Aufkommen bei 79,3 Millionen Mark gelegen. Im Jahr davor waren es 82 Millionen. Damit läge man „im Spitzenfeld der deutschen Hochschulen“.
Der geringste Teil von diesen Bremer Drittmitteln kommt allerdings aus der freien Wirtschaft: Nur sechs Millionen Mark investierten die Privaten letztes Jahr in Forschung und Kooperationsprogramme. Der Löwenanteil der Mittel wird durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) aufgebracht, in Bremen sind das 24 Millionen. Der Rest verteilt sich hauptsächlich auf die EU (6,5 Millionen), den Bundeshaushalt (13 Millionen), Stiftungen und Verbände (3 Millionen) und den Bremer Landeshaushalt (9 Millionen).
Gefördert werden vor allem die Bereiche der Hochtechnologie: Dem Fachbereich Produktionstechnik standen letztes Jahr 9,4 Millionen Mark Drittmittel zur Verfügung, der Physik/Elektrotechnik 9 Millionen. Fast die Hälfte der Gelder aus der freien Wirtschaft flossen in diese beiden Bereiche. Auch die Bereiche Chemie und Mathematik/Informatik kommen auf einen hohen Anteil von privatwirtschaftlichem Geld im Haushalt.
Von den DFG-Geldern profitieren vor allem die vier Sonderforschungsbereiche der Universität: „Statuspassagen und Risikolagen im Lebenslauf“; „Der Südatlantik im Spätquartär“; „Stromkompaktieren“ und „Neuronale Grundlagen kognitiver Leistungen“. Jeder der Bereiche bekommt von der DFG zwischen 2,8 und 3,8 Millionen Mark. „Bei der DFG-Förderung je Wissenschaftler/in liegt die Universität Bremen unter den deutschen Hochschulen an 16. Stelle“, meldet die Uni-Pressestelle.
Um auf die Erfolgszahl von 79,3 Millionen Mark Drittmittel zu kommen, bedient sich die Universität allerdings eines Tricks: In der Rechnung sind nämlich auch 16 Millionen Mark aus dem sogenannten Investitions-Sonder-Programm (ISP) enthalten, jenes Bremer Finanzspritzen-Programm, dass im Jahr 2004 versiegen wird. „Das kann man durchaus so rechnen“, sagt der Sprecher von Bildungssenator Willi Lemke, Rainer Gausepohl. Pikanterweise kann weder die Uni noch die Bildungsbehörde auf Anhieb sagen, wofür die 16 Millionen ISP-Mittel genau ausgegeben werden. Zusammen mit den neun Millionen Mark aus dem Landeshaushalt kommt so das Land Bremen für mehr als 30 Prozent der Drittmittel der Universität auf. Das Eigenlob der Uni – viel davon ist Schall und Rauch.
Auch regulär fördert Bremen übrigens mit rund einer Milliarde Mark bis zum Jahr 2004 den Wissenschaftsstandort Bremen aus Geldern des Investitions-Sonder-Programms. Dass dabei auch Personalkosten durch die Mittel gedeckt werden, die eigentlich ausgegeben werden, um die Wirtschaftskraft Bremens zu stärken, spielt offenbar keine Rolle. Kritiker fürchten, dass sich die Hochschulen damit langfristige Personlaverträge ans Bein binden, die sie später aus eigener Tasche finanzieren müssen. cd
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