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Die halbe Stadt gehört der Stadt

Liegenschaftsamt redet mit, wenn die Stadt Hamburg Bauprojekte durchzieht  ■ Von Peter Ahrens

Das Amt liegt versteckt in einem Seitensträßchen zwischen Rö-dingsmarkt und Speicherstadt, zwischen zwei Baustellen. Aber hier laufen die Fäden zusammen, wenn die Stadt Hamburg irgendwo mit Grundstücken oder Flächen hantiert. Hafen-City, Autobahndeckel, Flughafenerweiterung: In irgendeiner Weise ist die Hamburger Liegenschaftsverwaltung überall mit im Spiel. Hier werden die städtischen Grundstücke gehandelt, hier werden Flächen hektarweise eingekauft oder verkauft. Am Steckelhörn sitzt eines der Schlüsselämter der Stadtentwicklung.

Liegenschaftsverwaltung – das klingt nach trocken Brot, nach verschnarchtem Beamtenapparat. Amtsleiter Jürgen Broede gefällt das Wort vom Immobilienmanagement weit besser, und deshalb benutzt er es auch häufig. Es gibt viel zu managen für ihn und seine MitarbeiterInnen: Fast die Hälfte der Hamburger Fläche, genau 45 Prozent, gehören der Stadt Hamburg. Ein ungewöhnlich hoher Wert für eine Stadt dieser Größe.

Zum Beispiel der Hamburger Hafen: Der ist sogar zu drei Vierteln in städtischer Hand. Will sich ein Unternehmen hier ansiedeln, muss es pachten, die Stadt behält die Hand drauf und kassiert insgesamt gut 100 Millionen Mark im Jahr an Miete. „Der Hafen soll uns gehören, der wird nicht verkauft, das ist unsere Linie“, macht Finanzsenatorin Ingrid Nümann-Seidewinkel (SPD) klar. Ihr sei nicht bekannt, dass dadurch schon mal ein Investor abgeschreckt worden sei, nach Hamburg zu gehen. Die Konkurrenzhäfen Bremen und Antwerpen machten es im übrigen ähnlich.

13 Hektar an Ikea, 30 Hektar an Philips – solche Verkäufe an städtischer Gewerbefläche sind so etwas wie die Highlights für die städtische Verwaltung. Sie bringen auf der einen Seite Arbeitsplätze nach Hamburg, auf der anderen Seite viel Geld in den Grundstock, aus dem die Stadt ihre Immobiliengeschäfte finanziert.

Dieser Grundstock ist eine merkwürdige Konstruktion: Denn er existiert unabhängig vom Haushalt, ein dreistelliger Millionenbetrag, der frei schwebend von den Haushaltsplänen gar nicht berührt wird. Nimmt die Stadt mal ein Jahr besonders viel durch Grundstücksverkäufe ein, dann lässt man sich herab, auch dem Hamburger Haushalt ein bisschen davon zu spenden, aber grundsätzlich wirtschaften die Liegenschafter selbständig.

Da ist viel Geld im Rücken, das der Hamburger Haushalt gut gebrauchen könnte – von dem Grundbesitz, auf dem die Stadt hockt, ganz zu schweigen. Doch für die Finanzsenatorin und ihren obersten Immobilienmanager kommt nicht in Frage, Fläche zu verkaufen, nur um den Haushalt zu stützen. „Das wäre kurzsichtig, zu verkaufen, um Kasse zu machen“, sagt Broede. Und Nümann-Seidewinkel findet es wichtig, „ein Polster zu haben, um nie in finanzielle Verlegenheit zu kommen“. Es soll immer genug Spielraum da sein, um jederzeit Grundstücke einkaufen zu können, wenn sie der Stadt attraktiv erscheinen.

Grundstücke, die man auch braucht, um sie für den privaten Hausbau vor allem für Familien anzubieten. Das ist keine soziale Tat der Stadt, da geht es knallhart um Geld. Denn wer in Hamburg baut, geht nicht ins Umland und als SteuerzahlerIn verloren. Und: „Jeder, der aus Hamburg rauszieht, kostet uns über den Finanzausgleich“, sagt Nümann-Seidewinkel. Deshalb hat die Senatorin, wenn sie an den privaten Wohnungsbau denkt, auch die jungen zahlungskräftigen Familien im Kopf, die Steuerkraft für die Kasse bringen.

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