■ Das Diepgen des Tages: Rolf Eden
Er verströmt einen leicht käsig-aasigen Geruch. Und doch hatte er sie alle. Fast alle, winkt er müde lächelnd ab, und die Wellpappe von Gesichtshaut strafft sich für einen Moment. Lachfältchen umkrösen die blonden Augen, die sein Lebensmotto in die Halbwelt hinausstrahlen: Was wollen diese armen Männer bloß, die haben doch nichts davon, dann muss ich es ja wieder tun, ich kann wenigstens mit Frauen. Rolf Eden ist die ganz alte Schule. Großmausler. Oberpuderer. Das, was Boulevard-Reporter wie Michael Graeter oder Oliver Gehrs einen „Playboy“ nennen. Er ist blond, er trägt ein blondes Smokingjackett, fährt einen blonden Rolls-Royce und liebt blonde Häschen. Bereits am Nachmittag bürstet er das erste blonde Fell.
Rolf Eden ist der letzte Westberliner: mittags das Champagnerfrühstück bei Gosch auf Sylt; danach die Haare blondieren bei Udo Waltz am Ku'damm; nachmittags das erste Ku'damm-Bunny; abends zur Entspannung in ein neues Herrenpaar aus geripptem Delfinvorhautleder schlüpfen und in der eigenen, ewig jungen Ku'damm-Disco die blonde Kauleiste vor ein Fotografen-Objektiv zwängen; und nachts wird gestriegelt, was die alte, blonde Bürste noch hergibt.
Doch Rolf Eden macht sich manchmal auch seine eigenen Gedanken, besonders vor einer Bürgermeisterwahl: „Mein Leben lang habe ich es so gemacht.“ Mit weicher Hand tätschelt er ein Damenknie. „Ich habe immer beide gewählt.“ Beide? „Diepgen und Momper“, nickt er tapfer. Auf ein und demselben Wahlzettel? „Wir Männer müssen doch zusammenhalten“, gickert er heftig los, bis ein Husten ihn unterbricht und ein blonder Auswurf auf dem Parkett einen hässlich glänzenden Fleck hinterlässt. Zeitlupenlangsam erhebt sich eins der „Girls“ an seiner Seite, geht in die Knie und leckt das Nass zufrieden auf. Vom Nachdenken erschöpft, lehnt sich Rolf Eden in seinen Sessel zurück und verfällt in einen erholsamen Schlaf. Molly Bluhm
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