Keine Angst vorm grünen Mann

Das neue Papier, in dem Trittins Umweltministerium mögliche rechtliche Drohungen gegen die Stromkonzerne zusammenstellt, lässt die Unternehmer kalt  ■   Von Matthias Urbach

Berlin (taz) – Die Atomstromer gaben sich gestern gelassen. „Kein Kommentar“, hieß es bei der Münchener VIAG zu dem in der taz veröffentlichten Papier des Umweltministeriums, in dem die rechtlichen Möglichkeiten gegen die Stromkonzerne abgewogen werden. Auch Petra Uhlmann, Sprecherin von PreussenElektra, gab sich gelassen. Das Papier sei noch nicht offiziell. „Wir wissen ja nicht, was am Ende davon übrig bleibt.“

„Wir sehen das Papier als eine Art Maximalforderungskatalog des Umweltministers“, urteilt dagegen Veit Bürger, Atomexperte von Greenpeace. „Und das enthält schon einige Zugeständnisse.“

In dem vertraulichen Arbeitspapier beschreibt Trittins Ministerium, was er gegen die Atombetreiber für rechtlich durchsetzbar hält für den Fall, dass es nicht zum Konsens kommt. Darin gibt das Ministerium vor allem seinen Widerstand gegen die Genehmigung des Schacht Konrad auf, da es „keine tragenden rechtlichen oder sicherheitstechnischen Gründe“ für einen Stopp gäbe. Nach diesem Eingeständnis ist die Hoffnung der Umweltschützer gering, dass dieses Atommüllendlager für schwach- und mittelradioaktive Stoffe doch noch gestoppt werden könnte. „Man hätte auch den Schacht Konrad verhindern könne“, sagt der Atomkritiker und ehemalige Atommanager Klaus Traube, „wenn es nur eine Verhandlungssituation gäbe, in der wirklich Druck auf die Unternehmen ausgeübt worden wäre – denn so groß ist das Interesse der Industrie an diesem Lager nicht.“

Auch der neue Vorschlag des Umweltministeriums, die Wiederaufarbeitung im Falle eines fehlenden Konsenses zwar zu verbieten, aber etwa die bereits angelieferten Brennstäbe von dem Verbot auszunehmen, stieß auf wenig Gegenliebe. „Die Wiederaufarbeitung ist das schmutzigste Geschäft innerhalb der Atomwirtschaft“, sagt Veit Bürger. „Das muss sofort beendet werden.“ Immerhin ist bereits ein Drittel der abgebrannten Brennelemente, für die eine Behandlung vertraglich vereinbart wurde, schon angeliefert: insgesamt 1.100 Tonnen. „Damit kommen weitere zehn Tonnen bombenfähiges Plutonium durch Wiederaufarbeitung in den Umlauf, die aufwendig entsorgt werden müssen“, kritisiert der Greenpeace-Experte.

In dem Arbeitspapier kommt das Umweltministerium zu dem Schluss, dass eine Restlaufzeit der AKWs von 25 Jahren rechtlich durchsetzbar sei – das Wirtschaftsministerium sieht das freilich skeptischer. Nach Klaus Traubes Einschätzung hingegen ist die Position des Umweltministeriums juristisch fundiert. „Freilich ist nie sicher, wie das Verfassungsgericht das beurteilen würde, dafür gibt es zu wenig Präzedenzfälle. Und das würden die Stromunternehmen in jedem Fall anrufen.“

In der morgigen Ausgabe folgt ein ausführliches Interview mit Klaus Traube zum Start der taz-Serie über den Atomausstieg.