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Pfauenfedern

Von der Steinzeit bis zur Französischen Revolution war es für Männer gesellschaftlich akzeptabel, ihren Körper zu zeigen und sich herauszuputzen. Erst der Bürger trieb der Männermode das Verführerische aus.

Im Mittelalter wurden die langen Kleider der Männer immer kürzer, bis sie kaum noch die Hüften bedeckten. Wenn sie ihren Gaul bestiegen, zeigten die Herren ungebührlich viel Gesäß. Darum erfand man im 15. Jahrhundert die Schamkapsel, eine Art Hosenlatz, der immer prächtiger wurde – und immer größer. Adlige Herren benutzten sie als Tasche, etwa um Orangen darin aufzubewahren. Die Kapseln wurden bestickt, mit Bändern geschmückt und mit Satin gefüttert. Es gab die verschiedensten Formen: aufgereckt wie ein Penis oder zusammengerollt wie eine Schnecke. Im 16. Jahrhundert verschwand das gute Stück langsam: zu obszön.

In England wurden zu Beginn des 16. Jahrhunderts die kurzen Kürbishosen, die man zu langen Strümpfen und Schamkapsel trug, immer länger und runder – bis Gesäß, Hüften und Schenkel der Herren üppige Weiblichkeit zu kopieren schienen. Landsknechte, die im Dreißigjährigen Krieg kämpften, schlitzten verwegen ihre bunten Kleider auf. Aus den Schlitzen wurde Futterstoff oder die Unterwäsche gezupft.

Aber auch der Bürger hatte einst Sinn für Raffinesse: Die streng blickenden holländischen Kaufleute auf Porträts des 16. Jahrhunderts trugen zwar alle schwarze Anzüge. Doch das Wams hatte einen großzügigen viereckigen Ausschnitt. Darunter sieht man ein gefälteltes weißes Hemd, das bis zum Hals reicht und so dünn ist, dass die Haut durchschimmert. Zog man dem Kaufmann die düstere Jacke aus, war er wie eine Odaliske in durchsichtige Schleier gehüllt.

Nie waren die Männer so aufgeputzt wie im 17. Jahrhundert. Die Rheingrafenhose war eine enorm weite Pluderhose, die am Saum mit Spitzen geschmückt war und in gestauchten Lederstiefeln steckte. Auch das Hemd fiel weit aus. Dazu waren die Kleider mit Rüschen und Galants genannten Bändern besetzt. Dazu trugen die d'Artagnans schulterlange Haare, federgeschmückte Hüte und einen kurzen weiten Mantel, der in Deutschland Imponiermantel hieß.

Das 18. Jahrhundert liebte die Stickerei. Die Herren trugen knielange raschelnde Seidenhosen. Stickereien auf den Strümpfen lenkten den Blick auf Fesseln und Waden. Nach der Französischen Revolution wurde es langsam grau: Der Anzug betrat die Bühne.

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