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Gesetz über Solidaritätsabgabe verschoben

■ Fast 600.000 türkische Erdbebenopfer obdachlos. Viele verlassen die Region

Istanbul/Berlin(dpa/AFP/taz) – Nach heftigen Protesten seitens der Opposition und der Wirtschaft hat die türkische Regierung ihre Beratungen über die geplante Solidaritätsabgabe für die Erdbebenopfer vertagt: auf Oktober, nach dem Ende der parlamentarischen Sitzungspause. Bis dahin könnten auch verlässlichere Schätzungen über die Höhe des Schadens erstellt werden, erklärte Ministerpräsident Bülent Ecevit.

Unterdessen werden die Bemühungen fortgesetzt, den Erdbebenopfern eine provisorische Bleibe zu verschaffen. Die türkischen Behörden gehen inzwischen von fast 600.000 Obdachlosen aus. Die Regierung plant den Neubau von 100.000 bis 120.000 Wohnungen für bis zu fünf Erdbebenopfer je Haushalt.

Vor dem Regen sind viele der obdachlos Gewordenen in Schulen geflüchtet, andere haben auf Fährschiffen Unterschlupf gefunden.Türkische Bau-und Rechtsexperten befürchten, dass bei einer voreiligen Abräumung der Trümmer Beweismittel gegen pfuschende Bauherren beseitigt würden.

Laut der Tageszeitung Cumhuriyet hat inzwischen eine wahre Rückwanderung in den wirtschaftlich unterentwickelten Norden des Landes eingesetzt: Zahlreiche Familien und Einzelpersonen, die auf der Suche nach Arbeit die Gegend etwa um die Stadt Erzincan schon vor Jahrzehnten verlassen haben, kehren nun in ihre Ursprungsdörfer zurück. Die Busunternehmen haben inzwischen dafür bereits Sonderlinien eingerichtet.

Unterdessen hat eine Reihe Bürger, die durch den Zusammenbruch ihrer Häuser ihre Angehörigen oder Hab und Gut verloren haben, beim Generalstaatsanwalt eine Klage gegen die Behörden angestrengt, die für die Baugenehmigungen zuständig waren. Die Behörden ihrerseits haben inzwischen rechtliche Schritte gegen Bauunternehmer eingeleitet. Offiziellen Zahlen zufolge soll bei 90 Prozent aller Bauten Beton von mangelnder Qualität verwendet worden sein. -ant-

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