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Frauenbewegung auf kasachisch

■ 19 Frauen aus Kasachstan diskutierten mit deutschen Feministinnen in Bremen über Möglichkeiten der Vernetzung

Gespannt verfolgen die Besucherinnen aus Kasachstan den Vortrag, mit dem Sigrid Schade das Zentrum für feministische Studien an der Uni Bremen vorstellt. Wie steht es um die Frauenbewegung, wie sehen Maßnahmen zur Frauenförderung aus, welche Anregungen können sie mitnehmen, was gibt es für Möglichkeiten der Vernetzung?

Das sind Fragen, die im Mittelpunkt der Arbeit von „Najada“ (Womens Network Almaty) stehen. Nachdem die Organisation 1998 unter Beteiligung deutscher Referentinnen eine Fortbildungsreihe für Multiplikatorinnen in Kasachstan durchgeführt hatte, trafen diese am 22. August zu einem Gegenbesuch bis heute im Frauenbildungshaus Altenbücken ein. Die meisten von ihnen leben in Almaty, der ehemaligen Hauptstadt Kasachstans. Alle bekleiden dort einflussreiche Führungspositionen als Wissenschaftlerinnen, Journalistinnen, Regisseurinnen, Dozentinnen, als Mitarbeiterinnen der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Deutschen Botschaft. Sie repräsentieren NGOs wie die Feministische Liga, das Womens Support Center etc.

In Absprache mit den hiesigen Organisatorinnen des Besuches, Monika Börding und Iris Stepan, besuchten sie Frauenbetriebe und Projekte in Hannover und Bremen, wobei ein Schwerpunkt die „Erwerbsmöglichkeiten von Frauen“ focussierte. Ein brennendes Thema, denn das 7.000 Kilometer entfernte Kasachstan zählt gleichzeitig zu den ärmsten und reichsten Ländern der Welt: Mit einer Fläche von 2,2 Millionen Quadratkilometern fast achtmal so groß wie die Bundesrepublik, ist es mit nur 17 Millionen EinwohnerInnen dünn besiedelt. Weite Teile sind Steppe, unter der Kohle, Edelmetalle sowie riesige, umbuhlte Erdöl- und Erdgasvorkommen liegen.

Ein Potenzial, das auf lange Sicht hin wirksam werden könnte. Vorerst aber hat Kasachstan, seit 1991 von der Sowjetunion unabhängig, mit den für den Übergang in eine Marktwirtschaft typischen ökonomischen Problemen zu kämpfen. Dies und die ökologische Situation des Landes ließ die ohnehin hohe Zahl der Arbeitslosen zusätzlich in die Höhe schnellen. Etwa 60 Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung stehen nicht mehr im klassischen Arbeitsverhältnis. Das monatliche Durchschnittseinkommen liegt unter 200 Mark.

Frauen, insbesondere alleinerziehende Mütter, sind von der Arbeitslosigkeit am stärksten betroffen, wie Irina Chabibullina betont. Ihre Organsiation unterstützt 1.000 alleinerziehende Mütter. Sie berät bei Problemen und hilft, eine Nische im informellen Sektor des Arbeitsmarktes zu finden. Mit Hilfe ausländischer Förderprogramme mobilisiert sie Kleinkredite zur Existenzgründung.

„Frauen haben die Kräfte an sich gezogen“, meint Gulnara Kuscherbajeva. Sie würden mit Improvisationstalent und Engagement auf die wirtschaftliche Krise reagieren. Frauen genießen daher im Land hohe Achtung, und ihre Forderungen werden politisch ernster genommen denn je. Bis zur faktischen Gleichstellung aber ist es noch ein weiter Weg. So sind Frauen im Parlament erst zu neun Prozent vertreten, bei den UnternehmerInnen sind es lediglich zwei Prozent. Im Bildungssektor oder in pflegerischen Berufen hingegen liegt der Anteil von Frauen mit 60 bis 80 Prozent sehr hoch. Warum? Hier sind die Löhne äußerst niedrig.

Doch die kasachischen Frauen lassen keinen Zweifel daran, dass sie erstrittene Rechte verteidigen und ausbauen werden. Ihr Land soll einmal zu dem werden, was TV-Moderatorin Irina Tschernolowskaja selbstbewußt mit ihrer Sendung vorwegnimmt: „Königreich der Weiber“. Dora Hartmann

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