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Kouchner: Wohnungsbau in Eigenregie

■ Im Kosovo sind immer noch 50.000 Häuser zerstört. Mehr als ein Soforthilfe-Paket kann das UNHCR nicht zur Verfügung stellen

Pristina (AFP) – Die internationalen Hilfsprogramme für den Wiederaufbau im Kosovo stehen im Wettlauf mit der Zeit. Viele Kosovo-Albaner haben keine andere Wahl, als sich ein Winterquartier auf eigene Faust zu sichern. Bislang sind über 760.000 Kosovo-Flüchtlinge aus den benachbarten Ländern in ihre Heimat zurückgekehrt, die von jahrelangen bewaffneten Auseinandersetzungen und den Nato-Bombardements schwer gezeichnet ist.

Mehr als die Soforthilfe-Pakete kann das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) zur Zeit nicht zur Verfügung stellen. Die Pakete enthalten eine verstärkte Plane für ein Dach, transparente Fensterfolie und Werkzeug. Knapp 6.000 von insgesamt 16.000 dieser Pakete hat das UNHCR bereits verteilt. Angesichts der hohen Anzahl zerstörter Häuser im Kosovo wirken die bisherigen Anstrengungen unzureichend. Nach Schätzungen des UNHCR sind rund 50.000 Häuser zerstört. Davon betroffen sind bis zu 350.000 Menschen. Darüber hinaus werden etwa 47.000 Häuser, in denen insgesamt 329.000 Kosovo-Albaner lebten, für irreparabel gehalten.

Die erste Kosovo-Geberkonferenz Ende Juli in Brüssel erklärte die Wiederherstellung von Wohnraum zwar zur Priorität und sagte 320 Millionen Dollar (rund 600 Millionen Mark) für das laufende Jahr zu. Doch zwei Monate nach dem Eintreffen der internationalen Schutztruppe stecken die Aufbauprogramme noch immer in den Anfängen.

Die Europäische Union, die dafür 45 Millionen Euro (rund 88 Millionen Mark) bereitgestellt hat, will erst im Oktober eine Agentur zur Koordination des Wiederaufbaus einrichten. Inzwischen schlägt der UN-Verwalter Bernard Kouchner vor, ein Team aus jungen Kosovo-Albanern zu bilden, das den Wohnungsbau in Eigenregie in die Hand nehmen soll.

UNHCR-Sprecher Ron Redmonds warnt vor zu hohen Erwartungen der Kosovo-Albaner. „Viele nehmen an, dass das UNHCR genug Material bereitstellt, um die Häuser vollständig zu reparieren.“ Die Soforthilfe-Pakete seien aber nur eine erste Maßnahme, um obdachlosen Rückkehrern über den Winter zu helfen.

In manchen Fällen hätten Hausbesitzer das Paket glatt abgelehnt, weil sie fürchteten, damit von weiteren Hilfsmaßnahmen ausgeschlossen zu sein, berichtet Redmonds. Deshalb liegt ihm daran, klarzustellen, dass das Sofortpaket „vor dem Wintereinbruch mit Sicherheit die einzige Hilfe“ bleiben werde, die die Rückkehrer erhalten.

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