: „Nachwuchsarbeit ist wichtiger“
■ Vor dem Derby: Für die Amateurmannschaften des Hamburger SV und des FC St. Pauli wäre der Abstieg aus der Regionalliga keine Katastrophe. Ein Gespräch mit den Trainern
In der Regionalliga Nord hat eine spannende Spielzeit begonnen. Nur die fünf Besten der derzeit 18 Teams spielen auch in der kommenden Saison in der dritthöchsten deutschen Spielklasse, der Rest steigt in die Oberliga ab. Die bisherigen vier Regionalligen werden im kommenden Jahr zu zweien komprimiert; die Nordclubs spielen dann in einer Liga mit den besten Clubs aus der ehemaligen DDR. Um diesem elitären Zirkel anzugehören, operieren Vereine wie Braunschweig oder Lübeck mit Millionen-Etats. Nicht so die Amateure des Hamburger SV (derzeit Tabellenletzter) und des FC St. Pauli (11. Platz), die am Sonnabend (14 Uhr, Millerntor) im „kleinen Derby“ aufeinandertreffen. Die taz sprach mit Ralf Schehr (HSV) und Joachim Philipkowski (St. Pauli).
taz : Ihr Verein wird wohl nächste Saison nicht mehr der Regionalliga angehören. Macht eine solch aussichtslose Arbeit noch Spaß?
Schehr: Woche für Woche nicht zu gewinnen macht natürlich keinen Spaß. Zu sehen, wie sich die jungen Spieler weiterentwickeln, umso mehr. Jetzt, wo unser Routinier Stefan Böger verletzt ist, hat die Mannschaft ein Durchschnittsalter von knapp über 19 Jahren. Da das Amateur-Team primär als Unterbau für die Profis konzipiert ist, ist uns eine gute Nachwuchsarbeit wichtigerals unter die ersten fünf zu kommen.
Philipkowski: Natürlich, denn unser Ziel ist ja nicht, einen Spitzenplatz in der Regionalliga zu belegen, sondern die jungen Spieler optimal zu fördern. Daher können wir froh sein, dass die Klasse dieses Jahr so stark besetzt ist. Gegen solch starke Gegner wie Braunschweig, Lübeck oder Osnabrück kann man als junger Spieler unheimlich viel lernen.
Müßten Sie aber nicht das Ziel haben, in der höchsten Amateurklasse zu bleiben? Schließlich können junge Spieler dort doch mehr lernen als eine Klasse tiefer.
Schehr: Natürlich. Nur könnte ich dann nicht mit einem 18-jährigen Torwart spielen. Selbst wenn der so hervorragend ist wie Michael Rechner. Denn um unter die ersten fünf zu kommen, sind auch routinierte Spieler vonnöten. Insofern kann es auch von Vorteil sein, junge Spieler in der Oberliga in Ruhe zu fördern. Zumal der HSV plant, neben dem Ligabetrieb Spiele gegen die Nachwuchsmannschaften anderer Bundesligisten zu organisieren. So hätten wir auch weiterhin hochkarätige Gegner.
Philipkowski: Das sehe ich nicht so. Denn dadurch, dass so viele Mannschaften absteigen, wird die Oberliga automatisch stärker.
Wie läuft die Zusammenarbeit mit der Profi-Abteilung?
Schehr: Manager Holger Hieronymus, Cheftrainer Frank Pagelsdorf und ich arbeiten hervorragend zusammen. Ich koordiniere den Nachwuchs- und Amateurbereich und werde das neue Jugendinternat leiten. Gerade diese Verzahnung im Nachwuchsbereich wurde vom Verein gefördert. Die Zusammenarbeit hat aber nicht immer so gut geklappt: Unter Felix Magath wanderten Talente wie Daniel Stendel frustriert zur Konkurrenz ab.
Philipkowski: Alleine dadurch, dass ich als Amateurtrainer gleichzeitig Co-Trainer bei den Profis bin, ist die Kommunikation zwischen Profis und Amateuren besser geworden. Der Cheftrainer ist immer auf dem Laufenden und schaut sich auch persönlich Spiele an.
Zum Spiel am Sonnabend: Ist der Kick gegen den Lokalrivalen für Trainer und Spieler etwas Besonderes?
Schehr: Für mich jedenfalls nicht. Außer, dass wir uns eine lange Busfahrt sparen können. Das ist sehr angenehm.
Philipkowski: Ich glaube schon. Schließlich herrscht eine gewisse Konkurrenz-Situation zwischen beiden Clubs.
Wie geht das Spiel aus? Wer steht am Ende der Saison an der Spitze der Regionalliga?
Schehr: Ich tippe nie Ergebnisse meiner Mannschaft. Was den Aufsteiger angeht, habe ich mich schon vor der Saison auf Braunschweig festgelegt. Auch wenn die gerade zu Hause gegen den Aufsteiger aus Bremerhaven verloren haben.
Philipkowski: Unsere Spiele tippe ich nie. Aufstiegsfavorit ist Osnabrück – für mich die spielstärkste Mannschaft der Liga.
Christoph Ruf
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