: Eine bittere Enttäuschung
betr.: „Atomkraftgegner pfeifen Trittin aus“, taz vom 25. 8. 99
Bundesumweltminister Trittin hat auf der Veranstaltung der Grünen in Ahaus am 23. 8. die Atomkraftgegner vor die Wahl gestellt, neue Zwischenlager in Kauf zu nehmen oder sich mit weiteren Castor-Transporten nach Ahaus und Gorleben abzufinden. Diese Äußerung ist für einen Politiker, der den Ausstieg aus der Atomkraft versprochen hat, eine Unverfrorenheit sondergleichen.
Trittin selbst hat das vom Atomgesetz vorgeschriebene Entsorgungskonzept als gescheitert erklärt. Da hätte er aufgrund von „Recht und Gesetz“, das von ihm ständig beschworen wird, nun die Atomkraftwerke stilllegen müssen. Die Begründung, dass die mit den Genehmigungen erteilten gesetzlich vorgeschriebenen Auflagen zur Entsorgung nicht erfüllt worden sind, sollte als rechtliche Handhabe für Stilllegungsauflagen doch mehr als ausreichend sein.
Statt dessen tritt der Bundesumweltminister sehr engagiert dafür ein, das Atomgesetz zu ändern, um die bisher nicht genehmigungsfähige Zwischenlagerung von abgebrannten Brennelementen an AKW-Standorten zu ermöglichen. Er weigert sich, der offenkundigen Tatsache ins Auge zu sehen, dass er damit den Betreibern aus ihrer Entsorgungsmisere heraushilft und zu ihren Gunsten „Recht und Gesetz“ schafft. Dass während der Versammlung hierzu eine kritische Frage gestellt wurde, veranlasste ihn, sich die Haare zu raufen. Beantwortet hat er die Frage nicht.
In den Vorstellungen Trittins scheinen „Recht und Gesetz“ ausschließlich für die Atomfirmen zu existieren. Dass nach „Recht und Gesetz“ der Schutz der Menschen vor den Leben und Gesundheit schädigenden radioaktiven Strahlen an erster Stelle stehen müsste, kommt dem grünen Minister nicht in den Sinn.
Die Anti-AKW-Bewegung wird die fatale Entwicklung zur Förderung der Atomindustrie nur stoppen können, wenn sie den Absichten der Bundesregierung, das Atomgesetz zugunsten der Atomindustrie zu novellieren, massiven Widerstand entgegensetzt. Es gilt zu fordern, dass nach „Recht und Gesetz“ die Menschen vor den radioaktiven Risiken zu schützen sind. [...]
Traute Kirch, atompolitische Sprecherin des BUND
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