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Neuer Likud-Chef gewählt

■ Ariel Scharon soll Israels rechte Opposition zurück an die Macht bringen

Jerusalem (taz) – Mit überragender Mehrheit konnte der israelische Oppositionsführer Ariel Scharon die Wahlen zum Vorsitzenden des Likud am Donnerstagabend für sich entscheiden. Der 71-jährige verbuchte laut dem gestern bekannt gegebenen Ergebnis fast die Hälfte der Stimmen für sich. Den Rest mussten seine beiden Gegenkandidaten Ehud Olmert, Bürgermeister Jerusalems, und Meir Schitrit, bisheriger Fraktionsvorsitzender, unter sich aufteilen. Das Ergebnis kam trotz der extrem niedrigen Wahlbeteiligung von weniger als 40 Prozent der Parteimitglieder zustande. Im Likud wurde der geringe Prozentsatz zum einen mit dem so kurz nach der verlorenen Parlamentswahl angesetzten Termin begründet, zum anderen mit der Tatsache, dass es in zwei Jahren eine erneute parteiinterne Wahl des Kandidaten für das Amt des Premierministers geben wird.

Zweifellos hat Israels grösste Oppositionspartei ein Problem mit ihren potentiellen Vorsitzenden. Der wiederholte Ruf der Parteiaktivisten nach dem nach den verlorenen Knesset- und Premierwahlen zurückgetretenen Benjamin Netanjahu, für den es anscheinend keinen geeigneten Ersatz gibt, ist nur ein Indiz dafür. „Er wird wiederkommen“, riefen seine Anhänger, als Netanjahu am Donnerstag seinen Wahlzettel in die Urne steckte. Politische Beobachter halten diese Möglichkeit inzwischen schon wieder für „sehr wahrscheinlich“.

Vorerst wir nun aber Scharon Israels Oppostion führen. Es sei denn, Ehud Barak öffent sein Kabinett doch noch für den Likud. Das ist zwar derzeit unwahrscheinlich, aber nicht vollkommen auszuschliessen. Barak liegt viel an einer breiten Regierungsmehrheit vor allem mit Blick auf anstehende Kompromisse in Verhandlungen mit Syrien. Doch gerade hier verfolgt Scharon eine deutlich kompromisslosere Politik, als der Regierungschef.

Dafür gilt der neue Likud-Chef als berechenbar, was letztendlich auch von den Palästinensern geschätzt wird. Bis zur Wende war er der letzte israelische Regierungspolitiker, der sich noch in Jordanien blicken lassen durfte. Zudem pflegte er gute Kontakte zu Mitgliedern der palästinensischen Führung. Schliesslich war es Scharon, der die Unterzeichnung der Verträge in Wye vorantrieb und im Kabinett durchsetzte. Dennoch ist er im innersten Soldat geblieben ist. Wo immer Scharon die Sicherheit Israels gefährdet sieht, wird er Verträge zu verhindern suchen. Vorläufig muss er sich jedoch den eigenen zerstrittenen Reihen widmen und sein Versprechen erfüllen, einen „vereinten Likud“ zu schaffen. Susanne Knaul

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