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■ Digital ist besser: Die Multimedia-Ausstellung „Gate To Berlin“ in der Zionskirche
Modern ist modern. Der Zeitgeist besteht bei Ausstellungsmachern darin, sich auf den Zeitgeist zu berufen. Ob Beta, IFA oder eben „Gate to Berlin“, eine multimediale (um an eins der Zauberwörter aus den 70ern zu erinnern) Kunstausstellung, die am Freitag in der Zionskirche Mitte mit reichhaltigem Abendprogramm – live auch im Internet – eröffnet wurde. „Das Projekt“ – um an eins der Zauberwörter aus den 80ern zu erinnern – „ergreift den Zeitgeist: wandernde Großausstellungen, virtuelle Welten im Internet, Versteigerungen online, per Mouseclick ins Atelier, digitale Kompositionen auf Videowänden in Metropolen“, heißt es projekterläuternd im Ausstellungskatalog.
Vielleicht liegt es in der Natur der Sache, dass die Modernität, an die sich die Ausstellung anschließen möchte, auf dass sie ein Teil von ihr werde, abgeschmackt klingt. „Gate to Berlin“ rennt offene Türen ein. Wie auch immer: 13 Künstler präsentieren ca. fünfzig Arbeiten, es gibt eine virtuelle Galerie im Internet, per Webcam wurde die Eröffnung weltweit übertragen. Vor zehn Jahren gabs vor der Zionskirche eine längere Mahnwache, deren Teilnehmer für die Verbesserung der DDR eintraten. Wo die Mahnwache war, gingen nun schwarzgekleidete Halmamenschen umher. Das war das „Pedestrian Project“ der New Yorker Künstlerin Yvette Helin. Passenderweise sorgten die „Dissidenten“ später mit ihrem multikulturellen Sound für angenehme Unterhaltung. Als wir die Kirche besichtigten, erzählte Bayama, eine Kollegin aus der Mongolei, von den Befürchtungen, die ihre Mutter hatte, als sie ihr sagte, dass sie nach Deutschland gehen würde. Ihre Mutter hätte beim Christentum immer an christliche Selbstmordsekten gedacht, die auch in der Mongolei für viel Unglück sorgten.
Professor Doktor Norbert Bolz aus Essen sprach einleitende Worte via Internet. Dabei verformte und verfärbte sich seltsam sein Gesicht und ward gar zerstückelt, um sich dann unter großen Schwierigkeiten wieder aufzubauen. Desgleichen seine Worte: „Ausstellungseröffnung. jgrföhjägb. Krsksqrchzäögk. Renaissance 2000. sprnogh. örks. Ort der Selbstverwirklichung. ärksprnk. Walter Benjamin zawonkkrwunk. Vieles spricht für diese These.“ Fade away. Toll! Irgendwo hingen angenehm unbunte, so leicht fotorealistische Architekturmalereien von Stefan Hoenerloh aus Berlin, irgendwo leuchteten bunt die Bilder von Jim Avignon, passend zur Kirche hat der Amsterdamer Künstler Chack seine Bilder aus Mösen und Fleischstückchen collagiert. Wirklich toll sind die paar hundert Miesmuscheln, die der Frankfurter Frank Schubert als Fries an die Wand gehängt hat. In den geöffneten Muscheln sind ganz kleine Figuren, die in Gruppen oder allein verschiedene Lebensaspekte durchspielen.
Während die weißkalkgepuderte Anja Krickeberg mit blauen Haaren und oben ohne auf ihrem Stahlcello spielte, las der malende Dichter Teo Vadersen „vom Niederrhein“ Gedichte vor, die von „mangaäugigen / Prinzessinnen“, „synaptischen / Leuchtspuren“ und „luminiszentem Datenschlick“ handelten. Sanft bläulich bewegten sich die Stoffbahnen, die die lettische Künstlerin Zane Berzina da hingehängt hat. Zwischen den Stoffen drehte Theodor von Altenberg einen No-Budget-Film, in dem es um Liebe gehen soll, mit Schauspielern in neckischen Höflingskostümen. „Es gibt in diesem Sinne keine Story: es ist eben ein Kunstfilm.“ Detlef Kuhlbrodt ‚/B‘Tgl. 12 bis 24 Uhr, Zionskirche, Zionskirchplatz, auch unter www.gatetoberlin.com
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