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Verlierer suchen Partner

■ Die SPD in Brandenburg entscheidet sich bis Freitag für einen Koalitionspartner

Potsdam (dpa) – „Die Tränen sind schon wieder getrocknet“, sagt die Noch-SPD-Landtagsabgeordnete Angelika Thiel. Sie gehört mit weiteren Genossinnen zu den von Fraktionschef Wolfgang Birthler gepriesenen „Leistungsträgern“, die nach dem Wahldesaster der SPD ihr Mandat verloren haben.

Am Wahlabend war sie am Boden zerstört gewesen. Am Dienstag ist die Stimmung in der SPD-Fraktion schon wieder gefasst. Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) kommt wie immer mit freundlichem Lächeln in die Fraktion, schüttelt Hände, nimmt einige Frauen freundschaftlich in den Arm. Abgespannt und müde sieht er aus.

Kaum eine Stunde nach Beginn der Sitzung kommen auch schon neun Frauen aus den Räumen. „Wir sind der Club der Verlierer, und zu sagen haben wir auch nicht mehr viel. Das war's.“ Mit welchem Partner die Sozialdemokraten zusammengehen werden – an der öffentlichen Diskussion wollen sich die wenigsten Abgeordneten beteiligen.

Dabei soll der künftige Koalitionspartner voraussichtlich schon am Freitag feststehen. Der Landesausschuss, das höchste SPD-Gremium zwischen den Parteitagen, solle damit bereits fünf Tage nach der Landtagswahl eine Entscheidung treffen, erklären Birthler und SPD-Landeschef Steffen Reiche. Die Sondierungsgespräche mit CDU und PDS beginnen an diesem Mittwoch.

Innenminister Alwin Ziel (SPD), langjähriger Vertreter Stolpes, hält sich so lange bei Personalspekulationen zurück. „Jörg Schönbohm gönne ich meinen Posten“, fügt er scherzend hinzu. In Berlin war Schönbohm Innensenator, jetzt halten es viele für möglich, dass er bald Innenminister in Potsdam sein wird. Selten wortkarg ist derzeit Sozialministerin Regine Hildebrandt (SPD), die sich noch kurz vor der Wahl für die PDS als ihren bevorzugten Partner ausgesprochen hatte. Jetzt wolle sie nichts mehr sagen, kommt es eher wutschnaubend. Für viele in der SPD ist die Große Koalition eine ausgemachte Sache.

Gleichzeitig werden im Landesvorstand der SPD Denkmodelle geschmiedet. Alwin Ziel könnte Fraktionsvorsitzender werden, Birthler dafür an der Spitze eines zusammengelegten Agrar- und Umweltministeriums stehen. Zur Disposition stehe vor allem Landeschef Reiche, als Nachfolger sei der beliebte Potsdamer Oberbürgermeister Matthias Platzeck denkbar. Reiche lehnte aber einen Rücktritt flugs ab. Von Stolpes Wunschkandidaten für das Amt des Wirtschaftsministers, Peter Egenter, ist keine Rede mehr. Hier will die CDU ans Ruder.

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