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Pikant, manipulativ und nachträglich

■ PUA Filz: Zurückgetretene Sozialsenatorin Helgrit Fischer-Menzel sagte erneut aus

Pikantes Zusammentreffen gestern vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) im Rathaus: Kaum hatte Sozialsenatorin Karin Roth (SPD) ihr Vernehmung über das Aktenchaos in der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) hinter sich gebracht (siehe Text unten), nahm ihre Vorgängerin auf dem Zeugenstuhl Platz. Helgrit Fischer-Menzel, am 1. März 1998 wegen ihrer Ehegatten-Affäre zurückgetreten, wurde erneut zu einigen, noch ungeklärten Vorgängen gefragt. Erhellen vermochte sie wenig.

Stattdessen erhob Fischer-Menzel schwere Vorwürfe gegen die damalige und auch noch jetzige Amtsleiterin Soziales, Elisabeth Lingner (SPD). Diese habe versucht, „mich falsch zu informieren und zu manipulieren“. Zudem, so deutete die Ex-Senatorin an, hielt sie Lingner für unfähig: „Wir hatten mehrfach Auseinandersetzungen darüber, was eine Amtsleiterin wissen müsste“.

Lingner hatte im August 1997 ihre Chefin im unklaren darüber gelassen, dass sie eine Entscheidung über die Einrichtung von Drogenhilfeplätzen bereits getroffen hatte – und zwar zu Gunsten des Guttempler-Ordens und zu Lasten der Mitbewerberin Alida-Schmidt-Stiftung, deren Geschäftsführer Senatorengatte Peter Fischer war und ist. Als dessen Frau am 20. August 1997 von Lingner endlich schriftlich informiert wurde, begriff sie die Vorlage nach ihren Worten „nicht als bereits getroffene Entscheidung“, sondern nur als „Richtungsentscheid“. Fischer-Menzel schritt ein – und einen Monat später erhielt die Stiftung ihres Mannes den Zuschlag. „Aus heutiger Sicht“, räumte Fischer-Menzel gestern ein, hätte sie sich besser rausgehalten: „Eine Interessenkollision war wohl nicht auszuschliessen“.

Der Antwort auf die Frage, welches der Unterschied zwischen einer „Entscheidung“ und einem „Richtungsentscheid“ sei, wich Fischer-Menzel weitschweifig aus. „Ich glaube“, resignierte der CDU-Abgeordnete Dietrich Wersich, „Sie bauen hier eine nachträgliche Verteidigungsargumentation auf.“

Sven-Michael Veit

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