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Integration bei BEK: Irritation bei Eltern

■ Die Eltern behinderter Kinder klagen über die „drastische Verschlechterung der Versorgung“ in evangelischen Kitas / Zudem kritisieren sie verspätete Informationen von der evangelischen Kirche

Das neue Kindergartenjahr hat begonnen. In den Kitas der Bremer Evangelischen Kirche (BEK) weiß man indes noch nicht, wie die Betreuung für die behinderten Kinder im Einzelnen aussehen soll. Kurz vor den Ferien hat man sich auf ein neues Modell geeinigt. Vor allem verhaltensauffällige Kinder bekommen viel weniger Betreuungsstunden. Eltern und Leiter kritisieren Stundenkürzungen, die kaum noch Betreuung zulassen und schlechte Informationspolitik.

Als Hildegard Kamp im März ihre Tochter im Kindergarten St. Pauli angemeldet hatte, ging sie noch von einer ganz anderen Betreuung aus. Von der „drastischen Verschlechterung der Versorgung“ hatte sie nichts geahnt. Erst kurz vor den Sommerferien erfuhr sie „nebenbei“ von der neuen Stundenversorgung der Gruppe.

„Die Eltern haben sich an einer ganz anderen Qualität orientiert. Klammheimlich wurden die Bedingungen kurz vor den Sommerferien geändert“, bestätigt auch Leiterin Karin Straube. Zwar „wissen wir seit langen, dass wir sparen müssen“, sagt auch Heimleiterin Silke Brüning-Grolla, aber die Details trafen auch bei ihr reichlich kurzfristig ein.

„Wir haben möglichst viel informiert“, sagt dagegen Wilhelm Hase vom Landesverband der Evangelischen Kindertagesstätten, gesteht aber Irritationen bei den Kitas ein. Erst am 15 Juli – kurz vor den Sommerferien – war das Spitzengespräch mit Staatrat Hans-Christoph Hoppensack. „Vorher wussten wir nicht, was uns erwartet“.

Zwar hatte die evangelische Kirche eine Etaterhöhung von einer halben Million Mark auf insgesamt 8,6 Millionen Mark ausgehandelt (vgl. taz vom 3.9.). Aber die Zahl der Plätze für behinderte Kinder ist insgesamt gestiegen. Denn für mehr Kinder, die vorher nicht offiziel gefördert wurden, wurde im Frühjahr vorsorglich Förderbedarf angemeldet. So dass pro Kind jetzt insgesamt 680 Mark weniger zur Verfügung stehen. „Das macht eine ganze Menge aus“, sagt Hase.

Die BEK startet zum neuen Kindergartenjahr ein neues Integrationskonzept. Statt einer Pauschalförderung schaut man jetzt, welche Förderung ein Kind genau braucht. Danach richten sich die Betreungsstunden. Und wenn es wie im Kindergarten St. Pauli keine schwerstbehinderten Kinder gibt, bleibt man in einigen Punkten unter der Pauschalzuweisung. Verhaltensauffällige Kinder bekommen weniger Betreuungsstunden.

Die Integrationsfachkräfte, die bisher immer nur auf zehn Monate befristete Verträge hatten, bekommen ab sofort feste Stellen und volle zwöf Monate Lohn. Für diese Mehrkosten bei der BEK werden die Stunden dieser Integrationskraft gekürzt. Und zwar von 38,5 Stunden auf 34 Stunden. Auch die Stützpädagogenstunden wurden um 30 Prozent zusammengestrichen: Pro Kind stehen jetzt nur noch zwei Stunden pro Woche zur Verfügung.

Im Kindergarten St. Pauli sind das sieben Stunden weniger für pädagogische Beratung. Für Krankengymnastik und Sprachtherapien gab es dort vorher pauschal sieben Stunden. Davon haben viele Kinder der Gruppe mitprofitiert. Jetzt nach dem Förderbedarf dieser vier behinderten Kinder wurden nur noch zwei Stunden gebilligt. „Das reicht für keine Gruppenbetreuung und für meine Tochter auch nicht“, klagt Hildegard Kamp. Leiterin Straube fürchtet, mit diesem Stundenkontingent kaum noch Integrationsarbeit machen zu können. pipe

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