Schwarzgekleidete Person in der Lücke

■ PUA Polizei: Das Video vom Gänsemarkt steckt voller Rätsel Von Magda Schneider

Auf dem Video fehlen sechs Minuten. Mutmaßlich hochinteressante, weshalb sich der Parlamentarische Untersuchungsausschuß (PUA) Polizeiskandal am Mittwochabend erneut der Frage annahm, wie diese Lücke auf das Video-Band kam. Und: Wer hat sie dort hinterlassen?

Das löchrige Polizeivideo, das solche Fragen aufwirft, wurde bei der Kundgebung des österreichischen Rechtsaußen Jörg Haider auf dem Gänsemarkt am 30. Mai vorigen Jahres aufgenommen, bei der der Journalist Oliver Neß von Polizisten schwer verletzt wurde (taz berichtete mehrfach). Das Original ohne Loch war lange verschollen und tauchte erst im vergangenen Dezember wieder auf.

Der Videograf des Einsatzzuges Mitte gab bei seiner Aussage vor dem PUA an, daß ihm nach dem Übergriff auf den Journalisten Oliver Neß andernorts eine „schwarz gekleidete Person“ der „rechten Szene“ um Haider aufgefallen sei, die einen Haider-Gegner getreten und ihm die Brille vom Kopf geschlagen habe. Er habe diese Szene dokumentiert.

Nach dem Einsatz habe er zusammen mit seinen Leuten den Film ausgewertet. Wegen einer Dienstbesprechung habe er den Vorführraum für 45 Minuten verlassen, bevor er den Film wieder an sich genommen habe. „Theoretisch ist es zwar möglich gewesen, daß der Einsatzzug schnell einen zweiten Videorecorder geholt hat, den Film kopiert, und dann die sechs Minuten gelöscht haben. Ich halte das aber für unwahrscheinlich“, kommentierte GALier Manfred Mahr diese Möglichkeit.

Danach wanderte das Video zunächst zur Direktionsführung, dann zum Staatsschutz (LKA 322). Dort lag das Band zwei Wochen in der Ablage des Sachbearbeiters Manfred Maier, bevor es in einen Panzerschrank eingeschlossen worden sei. Zu diesem hätten aber etwa 40 Staatsschützer Zugang, weil, so Maier vor dem PUA, „jeder weiß, wo der Schlüssel hängt“.

Maier gab an, das Video angeschaut zu haben – allerdings nur bis zur Lücke. Erst später sei ihm aufgefallen, daß der Film offenkundig ein Sechs-Minuten-Loch habe, weshalb jene „schwarzgekleidete Person“ nicht zu ermitteln war. Genaueres könne er aber nicht sagen, weil „mir der Fall entzogen worden ist“, so Maier.

Unterdessen hat ein Polizeisportrat einen der beschuldigten Polizisten im Fall Oliver Neß entlastet. Der Beamte hatte den Journalisten mit einem mutmaßlichen „Rückhaltetransportgriff“ gewürgt und zu Boden bringen wollen, dessen Anwendung nach einem Todesfall in Hamburg verboten ist. Nach Auffassung des Sportlehrers habe der Polizist nicht diesen Todesgriff anwenden wollen, vielmehr handele es sich um „einen abgerutschten Kopfgriff“.

In der nächsten PUA-Sitzung werden einer der an der Mißhandlung von Oliver Neß beteiligten Polizisten sowie Augenzeugen – darunter JournalistInnen – vernommen.