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Vor der Abstimmung: Stoibers Furcht vor Abweichlern

■ „Focus“: Bayerns Ministerpräsident war bereits 1997 über LWS-Debakel informiert

München/Berlin (Reuters/taz) – Bei der Abstimmung des bayerischen Landtags über die endgültige Entlassung von Justizminister Alfred Sauter (CSU-Rebell) rechnet Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU-Chef) heute mit der breiten Zustimmung seiner Parteifreunde. Die braucht er auch, denn jede Stimme für Sauter wird als Autoritätsverlust des Regierungschefs gewertet.

Stoiber gab sich zuversichtlich, dass es nur wenige Abweichler geben werde: „Ich glaube, dass sich das in einem sehr begrenzten Umfang halten wird.“ Der Landtag tritt um 14.30 Uhr zu einer Sondersitzung zusammen. Auf der Tagesordnung steht die Entlassung des Justizministers Sauter, den Stoiber für die Millionenverluste und Managementfehler der halbstaatlichen Wohnungsbaugesellschaft verantwortlich macht.

Vor genau einer Woche hatte Stoiber seinem langjährigen Spezi die Entlassungsurkunde überreicht und das Justizressort entzogen. Seitdem fungiert Sauter als „Minister ohne Geschäftsbereich“. Nach der bayerischen Verfassung muss der Landtag seiner Entlassung zustimmen.

Der Noch-Minister setzt auf starken Rückhalt in der Landtags-CSU. Viele Kollegen hätten ihm mitgeteilt, wie schwer ihnen die Entscheidung über seine Entlassung falle, sagte Sauter am Wochenende. Zahlreiche Parteifreunde hätten sich ihm gegenüber für die„glänzende Zusammenarbeit“ bedankt. Andererseits seien sie auch Stoiber verpflichtet: „Jede Entscheidung für den einen ist zugleich eine Entscheidung gegen den anderen.“

Vielleicht überdenken die CSU-Abgeordneten ihr Abstimmungsverhalten noch einmal, wenn sie die heutige Ausgabe des Münchner Nachrichtenmagazins Focus lesen. Focus berichtet, dass Stoiber bereits 1997 über Einzelheiten der Finanzkrise bei der LWS informiert worden sei. Stoiber hatte bisher stets bestritten, Einfluss auf die LWS-Geschäfte genommen zu haben. lkw

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