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Bei Bernhard Vogel sitzt die SPD in der dritten Reihe

■  Die Christdemokraten können in Thüringen künftig alleine regieren. Die SPD verliert schon wieder kräftig und ist künftig nach der PDS nur noch die drittstärkste Kraft. Grüne, FDP und DVU bleiben unter fünf Prozent

Berlin (taz) – Die Wahllokale waren noch keine fünf Minuten geschlossen, da meldete sich gestern schon der alte und neue Ministerpräsident Thüringens zu Wort: Freudestrahlend verkündete Bernhard Vogel die absolute Mehrheit für seine Christdemokraten.

Zum dritten Mal in acht Tagen hat die CDU einen großen Wahlsieg bei Landtagswahlen eingefahren: In Erfurt kann sie bei mehr als 50 Prozent der Stimmen künftig auf den bisherigen Koalitionspartner SPD verzichten. SPD-Spitzenkandidat Richard Dewes, angetreten um das Wahlergebnis deutlich zu verbessern und Vogel abzulösen, fand sich dagegen tief im Keller und wurde sogar noch von der PDS überholt. Die SPD erreichte nach Hochrechnungen weniger als 19 Prozent, die PDS kam auf rund 21 Prozent. Damit haben die Sozialdemokraten etwa 10 Prozent verloren, während die PDS um 6 Prozent zulegen konnte.

Richard Dewes konnte gestern nur noch die Wahlniederlage eingestehen. Als „besonders schmerzlich“ bezeichnete er, dass die SPD noch hinter die PDS geriet. Trotz des Debakels will Dewes nicht vom SPD-Vorsitz zurücktreten. SPD-Bundesgeschäftsführer Müntefering nannte das Wahldesaster einen „Denkzettel, Warnung, Ohrfeige, wie immer man das nennt“ und machte die politische „Großwetterlage“ dafür verantwortlich. „Wer sät, erntet erst nach einer gewissen Zeit“, versuchte die stellvertretende SPD-Landesvorsitzende Petra Hess ihrer Partei Mut zu machen. Auch der Gründungsrektor der Erfurter Universität und SPD-Vordenker Peter Glotz bemühte die Zukunft: Bis zur Landtagswahl in NRW im nächsten Jahr könnte die SPD wieder siegen lernen. Walter Momper, der als SPD-Spitzenmann in Berlin am 10. Oktober antritt, erklärte, das SPD-Ergebnis sei kein Vorzeichen für die Hauptstadt-Wahl.

Ministerpräsident Vogel konstatierte „stabile Verhältnisse“ und erklärte, es sei „besonders erfreulich, dass von den Rechtsradikalen rund um die Fünfprozenthürde nichts zu sehen ist.“ Claudia Nolte, Ex-Familienministerin im Kabinett Kohl, sagte, dies sei „in erster Linie ein Sieg für Bernhard Vogel“. Für die SPD-Niederlage machte sie Kanzler Schröders Politik verantwortlich.

PDS-Spitzenkandiatin Zimmer äußerte sich über das Ergebnis rundum „zufrieden“. Gregor Gysi sprach von einem „Beitrag zur Stärkung der Linken“. Die SPD habe „vollständig versagt“.

Keine Rolle spielen in Thüringen weiterhin die Grünen und die FDP. Die Freidemokraten erreichten statt zuvor 3,2 nur noch etwa 1 Prozent. Die Grünen sackten weiter von 4,5 auf etwa 2 Prozent. Auch die DVU hatte in Thüringen keine Chance: Die Rechtsradikalen erreichten nur 3 Prozent.  klh ‚/B‘Schwerpunkt Seite 2

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