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EU-Kommission nimmt die Hürden

Kommissionspräsident Romano Prodi gelobt Transparenz, gibt sich verbindlich und macht wenige konkrete Zusagen. Kritik einiger Abgeordneter  ■   Aus Straßburg Daniela Weingärtner

Mit einer bequemen Mehrheit von 404 Stimmen wurde die von Romano Prodi vorgeschlagene neue EU-Kommission gestern in Straßburg vom EU-Parlament akzeptiert. Es gab 153 Gegenstimmen und 37 Enthaltungen; nur 23 Abgeordnete machten von der Möglichkeit Gebrauch, die Mannschaft nur bis Ende Januar 2000 zu bestätigen. Zu diesem Zeitpunkt hätte die vorige Kommission regulär aufgehört. Da sowohl über diesen kurzen Zeitraum als auch über die neue Amtsperiode bis 2005 jeweils für Prodi und seine Kommission getrennt abgestimmt werden musste, waren insgesamt vier Wahlgänge erforderlich.

In seiner Rede versicherte Prodi den Abgeordneten ein weiteres Mal, für eine neue Kultur der Offenheit und Zusammenarbeit sorgen zu wollen. Zur Forderung des Parlaments, er solle Kommissionsmitglieder zurückziehen, die nicht mehr das Vertrauen der Mehrheit haben, sagte er: „Ich kann mir Umstände vorstellen, unter denen ein Mitglied sein Amt ruhen lassen und seinen Rücktritt ins Auge fassen muss.“ Er sei auch bereit, Verfahren zu entwickeln, um dem Parlament vertrauliche Dokumente zukommen zu lassen. Diese Zusage schließe aber die Betrugsbekämpfungseinheit OLAF nicht ein. „OLAF muss unabhängig sein, und ich kann keine Verpflichtung für OLAF eingehen.“

Die Vorgängerkommission war wegen eines Sachverständigenberichts, der ihr Missmanagement vorwarf, im März zurückgetreten und seither nur noch kommissarisch im Amt.

Romano Prodi hatte sich gegenüber dem Parlament mehrfach zu einem Neuanfang verpflichtet, mehr Transparenz und Reformen zugesagt. Am Tag vor der entscheidenden Abstimmung versprach er „etwas Glasnost“ und kündigte an, künftig ein öffentliches Register seines Schriftwechsels führen zu lassen.

Viele Abgeordnete beurteilten die Zusagen als vage und unzureichend. Außerdem wurde Kritik an mehreren Kandidaten aus Prodis Team laut, die in ihren Heimatländern in Affären verstrickt sind. Gegen die neue Verkehrskommissarin Loyola de Palacio, die außerdem für die Beziehungen zum Europaparlament zuständig sein soll, ermittelt in Spanien die Staatsanwaltschaft. Sie soll für EU-Agrarsubventionsbetrug in ihrer Zeit als spanische Landwirtschaftsministerin verantwortlich sein.

Bei der Anhörung der Kandidaten hatte das Parlament seinen Spielraum ausgelotet, einzelne Kandidaten auszuwechseln oder Einfluss auf den Zuschnitt ihrer Ressorts zu nehmen. Prodi hatte verbindlich reagiert, war aber letztlich in allen Punkten bei seiner Haltung geblieben.

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