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Zwei billige Oberhemden müssen reichen

■ SPD-Sozialsenatorin Hilde Adolf verkündet Kürzungen bei der Bekleidungs-Pauschale für Sozialhilfeempfänger / Grüne stimmten dagegen: „unsozial“ / Jusos: „SPD sollte umdrehen“

Die Sozialsenatorin Hilde Adolf hat gestern bei einer Pressekonferenz auf den Tisch gelegt, was ein Sozialhilfe-Empfänger sich für die Bekleidungspauschale von 600 Mark im Jahr „leisten“ kann: Oberhemden für 60 Mark, Unterhosen für 42 Mark, alle drei Jahre einen Wintermantel, alle fünf Jahre einen Regenschirm und so weiter. „Das ist bitter wenig“, kommentierte Adolf diese Liste. Seit 1993 hatte die Bekleidungspauschale 678 Mark betragen, gestern hatte die Sozial-Deputation mit den Stimmen der großen Koalition den Satz auf 600 Mark gesenkt (vgl. taz 16.9.). Davon verspricht sich die Senatorin Einspar-Potentiale von drei Millionen Mark pro Jahr. dies sei „fiskalisch angemessen“, erklärte Adolf, mehr könne man an dieser Stelle nicht einsparen.

Mit der Absenkung beugt sich die Sozialsenatorin dem Argument, dass Bremen nicht deutlich über dem bundesdurchschnittlichen Niveau liegen darf. „Ich glaube aber nicht, dass wir bisher Geld verschwendet oder vergeudet haben“, meinte die Senatorin.

In ungewöhnlicher Schärfe haben die Bremer Jusos die Absenkung kritisiert. „Wenn sich die SPD weiterhin als Anwältin der kleinen Leute versteht, sollte sie vielleicht auch mal deren Interessen in den Blick nehmen“, meinte der Bremer Juso-Vorsitzende Thomas Ehmke. Er warnte davor, dass in vier Jahren „eine sozialpolitische Wüste mit vielen bunten Technologie- und Freizeitparks für die Reichen“ entstehen würde. Der eingeschlagene Weg sei „falsch“ und den Anhängern der SPD „kaum vermittelbar. Die SPD sollte umdrehen, solange sie es noch kann.“

Die Grünen, die gegen die Absenkung der Bekleidungshilfe und weitere Sozialhilfe-Posten gestimmt hatten, halten diese Kürzungen für „willkürlich“ und „unsozial“. Es gebe keinerlei fachliche Begründung, sondern nur den „unwürdigen Wettstreit: Wer behandelt die Ärmsten am schlechtesten?“ Für 11-13-jährige Kinder liegt die Kleiderpauschale nur bei 546 Mark im Jahr. „Jeder, der regelmäßig Kinder in diesem Alter einkleidet, weiß, dass das vorne und hinten nicht reicht“, erklärte Karoline Linnert.

Der CDU-Sozialpolitiker Uwe Oppermann hält die Kürzungen hingegen für nicht weitgehend genug. Bremerhaven hat eine Kleiderpauschale von 540 Mark, die Stadtgemeinde Bremen hätte bis auf 570 Mark herabgehen können, erklärte er gegenüber der taz. Die CDU fordert zudem, das Programm „Arbeit für Sozialhilfeempfänger“ auszuweiten. Es gebe auch das Problem überteuerter Wohnungen, sagt Oppermann, in Tenever finanziere die Sozialbehörde Wohnungen mit Garage für Sozialhilfeempfänger, obwohl die kein Auto haben dürften.

Außenkontrollen, wie die CDU fordert, will das Ressort nicht einrichten, weil Erfahrungen an anderen Orten zeigten, dass die Einspar-Effekte gering seien im Vergleich zu entstehenden Personalkosten. Aber es soll mehr „Hausbesuche“ der zuständigen Sozialarbeiter geben. Das Ressort will zudem mit einer effektiveren Organisation die unterhaltspflichtigen Väter, die nicht zahlen, konsequenter heranziehen.

Von den 52.000 Sozialhilfeempfängern in Bremen sind 3.000 alte Menschen über 65 Jahre, 6.500 sind alleinerziehende Mütter, 19.000 sind Kinder oder Jugendliche unter 18. Ein knappes Drittel der Sozialhilfeempfänger lebt seit mehr als fünf Jahren von den 547 Mark „Stütze“ im Monat. K.W.

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