piwik no script img

Bei der Post geht nicht die Post ab

■  Postbeschäftigte protestieren mit Betriebsversammlungen gegen Filialschließungen: Bundesweit blieben gestern tausende Postämter geschlossen. Post AG reagiert verärgert

Hamburg (dpa) – Millionen Postkunden in Deutschland standen gestern vor geschlossenen Postämtern. Aus Protest gegen die geplante Auflösung von bundesweit 2.000 Filialen hatte die Deutsche Postgewerkschaft (DPG) erstmals bundesweit zu Betriebsversammlungen aufgerufen. In vielen Regionen, so in Hessen und Bayern, machten bis zu 90 Prozent der Postämter dicht. Geöffnet blieben die Postagenturen im Einzelhandel sowie die Postdienstleistungen der Schreibwarenkette McPaper. Briefkästen wurden jedoch geleert, Briefe und Pakete zugestellt. Die Post AG reagierte verärgert auf die bundesweiten Betriebsversammlungen ihrer Mitarbeiter. Sie sprach von zwei Millionen Kunden, 75 Prozent der Tageskundschaft, die durch die vorübergehende Schließung der Filialen betroffen gewesen seien. Der Sprecher der Generaldirektion, Jürgen Hesemann, sagte, DPG und Betriebsräte hätten nur mangelhafte Kooperationsbereitschaft gezeigt, um Notdienste einrichten zu können. „Unsere täglichen Kosten von zehn Millionen Mark sind heute nicht durch Einnahmen gedeckt.“

Der Gewerkschaft warf die Post AG vor, im Zusammenhang mit den geplanten 2.000 Filialschließungen mit alten Zahlen zu arbeiten. Der Post werde ein Horrorszenario unterstellt, das nicht stimme. Der Abbau von weiteren 2.000 Filialen auf 12.000 verbleibende Standorte in den nächsten zwei bis drei Jahren sei längst bekannt und mit der Politik abgestimmt. Bis Ende 2000 sei auch festgelegt, dass es keine betriebsbedingten Kündigungen gibt. „Wir halten uns an die Vorgaben“, betonte Hesemann. Bis 2002 sollen von den verbleibenden 12.000 Filialen 7.000 durch Partner der Post betrieben werden. Bis 2002 will die Post zeitgleich 720 Centerfilialen aufbauen. „Dazu werden 3.500 Berater für Post- und Finanzdienstleistungen benötigt“, sagte Hesemann. Für diese Stellen könnten sich Mitarbeiter aus geschlossenen Filialen qualifizieren.

Beim Schließungskonzept will die DPG mitreden. „Wir wollen mit der Post AG darüber verhandeln, welche Filialen geschlossen werden können und was mit den Beschäftigten geschieht“, sagte der Düsseldorfer Filialreferent Wolfgang Köther.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen