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■ Die Ost-SPD führt die hundertste Grundsatzdebatte über die PDSRuhe sanft, SPD, ruhe sanft!

Von Schröder lernen heißt verlieren, äh, siegen lernen. Der Kanzler spricht nach jeder Wahlniederlage wieder und wieder die Losung des Jahres: Die Regierung wird an ihrem Kurs festhalten, zum Sparprogramm gibt es keine Alternative. Wie es sich für eine gute Genossin gehört, möchte Constanze Krehl, die neue Vorsitzende der sächsischen SPD, ihrem Parteivorsitzenden eine Freude machen. Also eifert sie ihm nach. Nach dem Debakel ihrer Partei bei den Landtagswahlen wiederholt Krehl die Losung des Jahres einfach, nur auf Sächsisch: Die SPD wird an ihrem Abgrenzungskurs gegenüber der PDS festhalten, zur Politik ihres zurückgetretenen Vorgängers Karl-Heinz Kunckel gibt es keine Alternative. „Ich denke, wir haben im Moment keinen Grund, darüber erneut zu diskutieren“, so die SPD-Vorsitzende.

Die sozialdemokratische Gelassenheit ist leicht zu erklären. Die SPD in Sachsen ist schließlich vernichtend geschlagen worden. Das müssen die Genossen erst einmal verkraften. „Mir ist noch gar nicht wirklich klar geworden, wie tief wir jetzt gesunken sind“, gesteht die Parteichefin Constanze Krehl. Dafür sollte man Verständnis haben.

Geben wir den Sozialdemokraten ein paar Tage Ruhe. Wenn sie wieder aufgewacht sind, sollte man ihnen sagen, wie tief sie gesunken sind: auf ganze zehn Prozent. Vielleicht sollte man ihnen die Wahlergebnisse der letzten Wochen auch noch mal erklären. In Thüringen hat die SPD einen Kurs der Annäherung an die PDS verfolgt – und ist eingebrochen. In Sachsen hat sich die SPD von der PDS scharf abgegrenzt – und ist gedemütigt worden. Rund 100.000 Wähler hat die Partei dort verloren, fast die Hälfte davon an die Sozialisten. Glaubt die SPD im Ernst, dass sie ihren Niedergang im Osten mit einer Grundsatzdebatte über das Verhältnis zur PDS aufhalten kann? Wie war das gleich mit der sozialen Gerechtigkeit? Kann es sein, dass die PDS dieses Thema den Sozialdemokraten einfach geklaut hat? Haben die Wahldebakel der SPD damit zufällig etwas zu tun?

Die SPD in Ostdeutschland sollte sich ausnahmsweise mal mit sich selbst beschäftigen und erst dann mit ihrem Verhältnis zur PDS. Und wenn die Genossen in Thüringen und Sachsen dann immer noch glauben, sie müssten die PDS ausgrenzen, dann können sie ja vorher bei ihrem Parteifreund Harald Ringstorff in Mecklenburg-Vorpommern anrufen und fragen, wie es ihm als Ministerpräsident einer SPD/PDS-Koalition so geht. Auf jeden Fall besser als euch, wird er ihnen sagen. Jens König

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