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So veredelt Berlin seine Einwohner

■ Wie der Finanzausgleich funktioniert, und was die Südstaaten nicht akzeptieren wollen

In vier Schritten wird der Finanzausgleich abgewickelt. Dabei sind an den ersten beiden Schritten die Länder als Geber und Nehmer beteiligt,bei den letzten beiden Schritten fließen nur noch Zahlungen vom Bund an die Länder. Die drei Südstaaten wollen allerdings nicht nur die Stufen verändern, in denen sie zur Kasse gebeten werden, sondern auch die Zahlungen des Bundes, bei denen sie leer ausgehen, reduzieren.

1. Schritt: Der Umsatzsteuerausgleich

Die Einnahmen aus der Umsatzsteuer (auch Mehrwertsteuer genannt) werden auf Bund, Länder und Gemeinden verteilt. Der Länderanteil wird dabei zu 75 Prozent nach Einwohnerzahl an die einzelnen Bundesländer gezahlt. 25 Prozent jedoch werden nach einem bestimmten Schlüssel auf finanzschwache Länder umverteilt. (Umverteilungsvolumen im Jahr 1997: 13 Milliarden Mark). In diesem Schritt wird etwa Sachsen von 61 Prozent der durchschnittlichen Finanzkraft auf 82 Prozent angehoben. Dieser Schritt wird auch vom Süden akzeptiert

2. Schritt: Der eigentliche Finanzausgleich

Nun zahlen die reichen Länder den armen Ländern so viel Geld, dass diese allesamt auf 95 Prozent der durchschnittlichen Finanzkraft gehoben werden (Verteilungsvolumen: 12 Milliarden Mark). Die reichen Länder bleiben dabei über 100 Prozent der Finanzkraft. Dieser Schritt wird von Hessen noch akzeptiert, von Bayern und Baden-Württemberg aber angegriffen. Ein Sonderproblem in dieser Stufe stellt die „Einwohnerveredelung“ für die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen dar. Hier wird ein Finanzbedarf zugrunde gelegt, der um ein Drittel über dem der Flächenstaaten liegt. Dies wird von allen drei Klägern gerügt.

3. Schritt: FinanzkraftErgänzungszuweisungen

Jetzt kommt der Bund ins Spiel. Er zahlt den armen Ländern so viel dazu, dass diese 99,5 Prozent der durchschnittlichen Finanzkraft erreicht. Zwar überholen die Armen auch jetzt noch nicht die Reichen. Das Maß der Nivellierung geht aber allen Südländern zu weit.

4. Schritt: SonderbedarfErgänzungszuweisungen

Erst auf dieser Stufe kommt die Finanzkraft-Reihenfolge durcheinander, weil der Bund nun einzelne Länder gezielt fördert.

a) Die ostdeutschen Länder erhielten 1997 für vereinigungsbedingte Lasten 14 Milliarden Mark.

b) Die völlig überschuldeten Länder Bremen und das Saarland bekamen 3,4 Milliarden Mark wegen ihrer Haushaltsnotlage und mussten sich dafür einem strengen Sanierungsprogramm unterwerfen, dessen Einhaltung vom Bund und den anderen Ländern kontrolliert wird.

c) Neun von 16 „kleinen“ Ländern erhielten im Jahre 1997 zusammen 1,5 Milliarden Mark für ihre erhöhten „Kosten politischer Führung“.

d) Die armen Flächenländer des Westens erhalten stetig abnehmende Übergangsgelder (1997: 1,2 Milliarden Mark), um die Eingliederung der noch ärmeren Ostländer in den Finanzausgleich abzufedern.

Die Schritte a) und b) werden von den Südländern akzeptiert, die Schritte c) und d) aber angegriffen, weil hier keine Sonderlasten bestünden. Christian Rath

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