Tricks und Kniffe

■ Tausende von Berlinern machen sich Jahr für Jahr selbstständig. Gründungsberatungen helfen bei den ersten Schritten. Zu Besuch bei einem Schnupperseminar

Der taufrische Existenzgründer wunderte sich nicht schlecht. Kaum hatte er die Anmeldung auf dem Gewerbeamt abgegeben, flattert ihm ein Brief von der Industrie- und Handelskammer (IHK) ins Haus, in dem er als neues Mitglied begrüßt wird. Wenig später folgt ein Schreiben vom Finanzamt des Bezirkes, in dem er seine Firma gegründet hat. In dem Brief des Fiskus steht, wo er in Zukunft seine Gewerbesteuer zu zahlen hat. Weder mit der IHK noch mit dem neuen Finanzamt hatte er je zuvor zu tun gehabt.

„Auf dem Gewerbeamt wird gepetzt“, erklärt die Referentin Barbara Lehmann diese Datenweitergabe auf dem Dienstweg. Lehmann kennt sich aus mit den Problemen von Existenzgründern. Seit 1990 berät sie junge Firmenchefs in schwierigen Situationen.

Der Berlin-Brandenburgische Mittelstands-Club hat dieser Tage ins Steinbeis-Zentrum geladen. Thema der Veranstaltung: „Existenzgründung trotz Sparpaket“. Etwa zwanzig Teilnehmer sind zu dem Vortrag erschienen. Jeder hat eine mehr oder weniger weit gereifte Geschäftsidee im Kopf. Fast alle entsprechen zumindest in der Altersstruktur dem Bild des typischen Existenzgründers in Deutschland. Laut Barbara Lehmann ist dieser Anfang vierzig, arbeitslos und braucht 40.000 Mark Startkapital. Arbeitslosigkeit ist für sie kein Nachteil, sondern eher eine Chance. „Wer arbeitet, hat oft zu wenig Zeit, um seine Existenzgründung vorzubereiten“, sagt sie, „außerdem kann er kein Überbrückungsgeld beantragen.“ Dieses Geld kann das Arbeitsamt jenen zahlen, die aus der Arbeitslosigkeit heraus eine eigene Existenz gründen. Es muss nicht zurückgezahlt werden.

Kompetent informiert Frau Lehmann über staatliche Förderungsmöglichkeiten und verweist auf die weniger bekannten Existenz- und Mittelstandsprogramme der Banken. Sie macht deutlich, dass der Weg zur Bank kein leichter Gang ist. Existenzgründer werden genau durchleuchtet. Deshalb muss das Konzept der Geschäftsgründung professionell präsentiert sein. Ohne eine genaue Markt- und Wettbewerbsanalyse, untermauert mit Zahlenmaterial, ist bei den Geldgebern kaum was zu holen.

Barbara Lehmann versteht das Geschäft. Sie geht auf Zwischenfragen ein, verschweigt auch Wissenslücken nicht und verweist aufs Internet als gute Recherchemöglichkeit, wenn es um die neuesten gesetzlichen Bestimmungen geht. Den trockenen Überblick über Fördermöglichkeiten veranschaulicht sie mit Beispielen aus der Praxis. Außerdem verrät sie psychologische Tricks, mit denen man die Leute auf den Ämtern gewinnen kann.

Leider ist die Veranstaltung im Steinbeis-Zentrum nur eine Schnupperstunde. Die reguläre Beratung dauert vier Tage. Dort werden dann alle Punkte – von Fördergeldern über Geschäftsform bis zum Arbeitsrecht – ausführlich behandelt. Kostenpunkt: 125 Mark plus Mehrwertsteuer.

Viele Teilnehmer waren von dem Schnupperseminar so überzeugt, dass sie sich sofort für die weiterführende Beratung anmeldeten. Zwar erschien Lehmanns Vortrag etwas konzeptlos und war nicht variabel aufbereitet, zum Beispiel durch den Einsatz verschiedener Medien. Doch die Referentin ist eine überzeugende Beraterin, deren Vortrag durch Praxisnähe überzeugte. Sie erklärte sogar eine der einfachsten Übungen für Firmenchefs: Wie rechnet man die Umsatzsteuer aus einem Preis raus? Mit solch simplen Beispielen aus der Praxis geben sich sonst wenige Veranstaltungen ab.

Kontakt: Lehmann & Partner Beratungsgesellschaft, Tel.: (030)55 00 96 45. Karin Göllner