Spezial-Kita für Diplomatenkinder

■  Auch das Auswärtige Amt will eine eigene Kindertagesstätte einrichten. Elternvertretung kritisiert „Erziehung unter der Regierungsglocke“. Bundestags-Kita noch nicht ausgelastet

Neben dem Bundestag wird nun auch das Außenministerium eine eigene Kindertagesstätte im Bezirk Mitte einrichten. Bis zum Frühjahr 2000 soll für etwa eine Million Mark ein Gebäude in der Jägerstraße renoviert werden. In dem von der Wohnungsbaugesellschaft Mitte angemieteten Haus hatte der Bezirk Mitte bis vor etwa zwei Jahren eine Kita betrieben, die wegen Kinder- und Geldmangels geschlossen werden musste.

Für Burkhard Entrup vom Landeselternausschuss der Berliner Kindertagesstätten (Leak) ist die Errichtung einer speziellen Ministeriums-Kita dennoch unverständlich. Erst würden Kindertagesstätten in Mitte geschlossen und dann mit erhöhtem Aufwand für Bundesbedienstete recycelt. „Auf der Fischerinsel, in Laufweite zum Außenministerium, ist derzeit eine Kita von der Schließung bedroht“, so Entrup. Dort gebe es noch freie Plätze, die auch den Kindern der Ministeriumsmitarbeiter zur Verfügung gestellt werden könnten. „Wenn sich das Auswärtige Amt engagieren will“, so Entrup weiter, könne es sein Geld auch in eine öffentliche Kita einbringen. Das sei nicht nur unter finanziellen Gesichtspunkten zu begrüßen. Auch für die Kinder sei es besser, wenn sie nicht so isoliert vom normalen Leben „unter der Regierungsglocke“ aufwachsen würden.

„Mitarbeiter des Amtes werden häufig äußerst kurzfristig vom Ausland nach Berlin versetzt“, begründet dagegen ein Sprecher des Ministeriums die Notwendigkeit einer betriebseigenen Kita. Aus jahrzehntelanger Erfahrung wisse man, dass öffentliche Einrichtungen dann nicht so schnell Kita-Plätze bereitstellen könnten. Auch in Bonn habe das Amt daher schon eine eigene Kita gehabt.

Die Jugendstadträtin von Mitte, Eva Mendl (PDS), begrüßt das Vorhaben des Auswärtigen Amtes. Ganz anders als bei dem 10 Millioen Mark teuren Neubau für die Bundestags-Kita habe es mit dem Außenministerium von Beginn an eine gute Kooperation gegeben, sagte sie. „Wir hätten die Kinder zwar auch in unseren Kitas aufnehmen können“, erklärte Mendl weiter. Doch grundsätzlich begrüßt die Jugendstadträtin auch die Einrichtung von betriebseigenen Tagesstätten, weil dadurch die Bezirkskasse entlastet werde. Außerdem werde in diesem Fall kein „pompöser Neubau“ errichtet, sondern ein Haus wieder in Betrieb genommen, das zu DDR-Zeiten speziell als Intergrations-Kita errichtet wurde und kaum anderweitig nutzbar sei. Erzieherinnen hätten ihr zudem berichtet, so Mendl weiter, dass Diplomatenkinder verstärkt verhaltensauffällig seien, weil sie nur wenig Kontakt mit ihren Eltern hätten. Daher sei eine spezielle Betreuung angebracht.

Freie Plätze gibt es zur Zeit auch noch in der im August eröffneten Bundestags-Kita. Von den 176 Plätzen sind erst etwa 40 belegt. „Wir wissen aber, dass wir mittelfristig und dann auf Dauer ausgebucht sein werden“, erklärte gestern ein Sprecher der Bundestagsverwaltung. Da sich die Fertigstellung der Bundestagsbauten verzögere, seien noch längst nicht alle Mitarbeiter nach Berlin gezogen. Wenn man die freien Kapazitäten Berliner Kindern zwischenzeitlich zur Verfügung stellen würde, müsste man diese schon nach wenigen Monaten wieder rausschmeißen. Gereon Asmuth