Themenläden und andere Clubs: Conan die Bar-Bar
■ Im Gastraum turnen echte Affen, und wenn man pinkelt, pinkelt die Toilette zurück: Erlebnisgastronomie
In einer so genannten „Odol“-Bar musste ich einmal angewidert feststellen, dass offensichtlich wirklich echtes Odol in alle Drinks gekippt worden war. Ich konnte es natürlich erst nicht glauben, brachte meinen minzig-streng muffelnden und schmeckenden Rotwein zurück und vermutete ein gediegenes Korkproblem und Hühneraugen bei den kelternden Ungarinnen.
Aber die lustige Bedienung verwies mich dann auf das Schild mit dem Namen – eben „Odol“-Bar –, und da sah ich auch schon ihre genauso lustige Kollegin fünf bis zehn Spritzer aus der blauen Flasche in ein Weizenbier tröpfeln. Wirklich lustig. Aber die hatten den Begriff „Themenläden“, unter dem diese kleine Kolumne steht, wenigstens mal ernst genommen.
Ansonsten entdeckt man immer wieder Namen für Clubs und Bars, die man der ärgsten Spelunke nicht gönnt. „Klo“ ist so ein Fall. War ich noch nie, möchte ich auch gar nicht hin, ich finde ja schon Parties nervig, auf denen man fremde Frauen bitten muss, für einen vor der Toilettentür Wache zu halten, so prüde bin ich nämlich.
Oder „Puparsch“. Da durfte ich mich mal mit einer merkwürdigen Dame auf ein Interview treffen, und weil ich zu spät war, musste ich vor dem U-Bahnhof ein Winkemann-Taxi rufen und dem leidlich hübschen Taxifahrer direkt ins Gesicht sagen: „In den ,Puparsch‘ bitte“. Puh. Ich werde jetzt noch rot, wenn ich daran denke.
An der Torstraße, gegenüber vom ehemaligen „Glowing Pickle“ – prima Name – war früher ein Restaurant mit dem Namen „Das total verrückte Gasthaus“, und weil es im „Glowing Pickle“ keine Toilette gab, musste man sich mitten in diese total abgedrehte, schrille, schräge, wahnsinnig irre kreativ lustige Erlebnisgastronomie hineinstürzen. Auf dem Weg zu den Klos wackelte dann der Boden, die Bedienungen hatten bunte Masken auf, durch den Gastraum turnten echte Affen, und wenn man pinkelte, pinkelte die Toilette zurück.
Stimmt natürlich nicht, in Wirklichkeit war „Das total verrückte Gasthaus“ eine traurige, schlecht besuchte und hässliche Prollkneipe. Aber „Das total deprimierende Gasthaus“ fände wohl noch weniger potenzielle Gäste. Der „Zungenkuss“, an dem man irgendwo auf dem Weg von Kreuzberg nach Mitte staunend vorbeifahren konnte, heißt jetzt anders, obwohl ich den alten Namen wiederum nicht schlecht fand. Er erinnerte mich daran, dass ich diese Überhand nehmenden Begrüßungsküsschen auf die Wange grässlich finde, die früher höchstens von Theaterfrauen ausgetauscht wurden. Zwischenzeitlich landet das laut klatschende „Mmuah Mmuah“ buchstäblich auf jeder Backe. Aber nicht mit mir, wenn schon Küssen, dann mit Zunge. Und „Zungenkuss“ ist immer noch ehrlicher als diese ganzen „...bar“-Suffix-Geschichten. „Wunderbar“, „Annehmbar“ oder wie sie heißen. Wundert mich, dass noch kein Girlie-Kollektiv seinen Schuppen „Bar-bie“ genannt hat. Oder „Conan die Bar-Bar“. Immerhin hat in den letzten Jahren glücklicherweise die Anzahl von vorwiegend Homosexuellen-Treffpunkten, die „Why not?“ heißen, konstant abgenommen. Ihre Dichte ist allerdings, das muss man dazusagen, in Kleinstädten immer noch höher als in Metropolen.
Noch einen kleinen Ausflug in Hamburger Themenläden: Der große Preis, also sozusagen der goldene Flaschenöffner in Sachen Namen, gehört einer verstorbenen Hamburger Kneipe namens „Jemeinbi“. Bitte nehmen Sie sich jetzt fünf Minuten Zeit und überlegen Sie sich, was „Jemeinbi“ heißen könnte. Ein Tip: Es ist kein Dialekt. ... Ich wette, Sie werden vor gleichzeitig empfundenem Ekel und Vergnügen ganz und gar ambivalent quietschen, wenn ich Ihnen sage, dass „Jemeinbi“ die Abkürzung für JEde MEnge INternationale BIere ist.
Den Laden gibt's aber nicht mehr. Sie müssen mir schon so glauben. Jenni Zylka
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