Protest gegen Castoren in Lingen

■ Zwischenlager am AKW soll Transporte vermeiden – doch Atomgegner sperren sich

Berlin (taz) – Während Gorleben und Schacht Konrad seit Jahrzehnten Brennpunkte der Anti-AKW-Bewegung sind, stand das AKW Lingen bisher eher im Windschatten der Protestbewegung. Das könnte sich jetzt ändern. Ausgerechnet das rot-grüne Lieblingsprojekt der dezentralen Atommülllagerung aktiviert die Anti-AKW-AktivistInnen im Emsland.

In Lingen soll das bundesweit erste standorteigene Zwischenlager für atomare Abfälle in einem noch aktiven AKW errichtet werden. Die Kernkraft Lippe-Ems-GmbH hat den Antrag für den Bau der dazu erforderlichen Halle im letzten Dezember beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) gestellt. Das nach dem Atomrecht notwendig Prozedere steht am 1. Oktober vor dem Abschuss. An diesem Tag endet die Frist für die Einwendungen. Dann könnte alles sehr schnell gehen. Die AtomgegnerInnen vor Ort rechnen mit einem Baubeginn noch in diesem Jahr.

Daran haben nicht nur die Atomkraftbetreiber, sondern auch die rot-grüne Bundesregierung großes Interesse. Denn die Errichtung von standortnahen Atommülllagern gilt als Alternative zu den unbeliebten und kostenaufwendigen Castor-Transporten. Auch nach einem AKW-Ausstieg müsse der schon angefallene Atommüll irgendwo zwischengelagert werden, argumentiert die Bundesregierung. Bisher stehen für gebrauchte Brennelemente nur die zentralen Zwischenlager Gorleben und Ahaus zur Verfügung.

„Solange ein Ausstiegsbeschluss nicht vorliegt, wird es mit uns keine Diskussion über die Müllentsorgung geben“, erklärt dagegen Stefan Mathujssen, einer der örtlichen AtomgegnerInnen. Die befürchten, dass sich die Atomwirtschaft mit der Lagerhalle eine langfristige Überlebensgarantie schaffen könnte. Schließlich sind in der geplanten Halle 130 Castorstellplätze des größtmöglichen Behältertyps vorgesehen – darin ist Platz für abgebrannte Brennelemente aus 50 Jahren Reaktorbetrieb.

Doch ganz ohne Protest wird das auch im eher konservativen Emsland nicht über die Bühne gegen. Die BI „Keine Castorhalle in Lingen“, die sich bisher auf das Sammeln von Einwendungsunterschriften beschränkte, plant für morgen einen ersten Aktionstag vor Ort, zu dem bundesweit mobilisiert wird. Den ganzen Tag über sollen rund um das AKW verschiedene Informations- und Protestaktionen stattfinden.

Mit einem Massenandrang wie in Gorleben oder Ahaus rechnet niemand. „Es geht uns darum, das Thema Castorhalle und die Problematik der dezentralen Zwischenlagerung in der Region und in der bundesweiten Anti-AKW-Bewegung in die Diskussion zu bringen“, sagt Mathujssen. „Der Aktionstag soll der Auftakt für kontinuierliche Proteste sein.“

Peter Nowak

Kontakt: Vernetzungstreffen Lingen, Jägerstr. 4, 49808 Lingen, Tel.: 0177/629 00 79