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Fataler Schritt ■ Umbau der City-West rettet diese nicht
Seit Jahren spielen sich die Investoren am Breitscheidplatz als Retter der City-West auf. Ihr Rezept ist so simpel wie durchschlagend: Neue Hochhäuser als bauliche Chiffren der Moderne sollen den einstigen Touristenmagneten aus Fronstadtzeiten „aufwerten“. Bürotürme und Geschäftspassagen bilden Versicherungen für ein Einkaufsquartier rund um die Gedächtniskirche. Und ein schöner Platz ohne Junkies und Beate Uhses Schmuddelecke tut ein Übriges dazu. Alles neu, alles mit viel Geld, und alles mit Genehmigung der Bauverwaltung, die sich mit jedem neuen Projekt ihrer Vision von der Downtown City-West ein Stück näher fühlt.
In der Tat macht die City-West in der Konkurrenz zum Potsdamer Platz, der historischen Mitte und dem Alexanderplatz derzeit kaum noch einen Stich. Im Osten boomt die Stadt, dort „brummt“ es, zum Essen oder ins Kino geht die „neue Mitte“ nach Mitte und nicht ins Kranzler oder in den Zoo-Palast.
Dass die Bauverwaltung, ebenso wie die Privaten, das „Investorenprojekt Breitscheidplatz“ dabei als Rettungsring im Konkurrenzkampf West versus Ost ansehen, wird sich in Zukunft als fataler Schritt für die City-West erweisen. Denn um das Quartier urban zu erhalten und zu entwickeln, ist mehr notwendig als rentable Klötze rund um ein Plätzchen einer großen Stadt.
Die Potenziale liegen auf der Hand. Die Technische Universität, die derzeit wie ein Fremdkörper im Stadtgrundriss der City-West liegt, muss wieder an den Bezirk angedockt werden. Kultureinrichtungen wie die Urania oder die Kunsthochschule besucht man – und sucht anschließend das Weite, weil nirgendwo städtische Funktionen sichtbar sind. Das Planwerk Innenstadt hat dort Vorschläge zur Verknüpfung der Innenstädte auf den Tisch gelegt. Warum nimmt niemand sie auf? Kaum besser ergeht es dem Leerraum am Zoologischen Garten, der nur für Autos reserviert scheint. Ein Lichtblick, wenn auch nicht für die Off-Kinos, bleibt dabei die neue Planung eines Großkinos an der Kantstraße. Hier könnte der Kulturstandort City-West ein Widerstandsnest gegen den Potsdamer Platz bilden. Ein kleines, aber vielleicht wichtiges. Rolf Lautenschläger
Bericht Seite 20
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