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: Dorfrichterin Barbara macht kurzen Prozess

„Richterin Barbara Salesch“, Mo. – Fr., 18 Uhr, Sat.1

Es gibt Streithähne, die schon in sämtlichen Talkshows des deutschen Fernsehens zu Gast waren. Überall durften sie ihren Zwist zum Vortrag bringen, doch nirgends wurde eine Lösung für ihren Streit gefunden.

Jetzt gibt es in der deutschen Fernsehgemeinde eine Instanz, wo Entscheidungen fallen. Seit Montag waltet Dorfrichterin Barbara ihres Amtes. In ihrem bombastisch aufgemachten Schiedsgerichtsstudio sind die Fälle echt und die Urteile rechtskräftig. Sat.1 nutzt – ähnlich wie RTL und ZDF, nur noch pompöser – eine Lücke im Medienrecht. In Strafprozessen sind Kameras nicht erlaubt, in Schiedsgerichtsverhandlungen dagegen schon.

So erhält man ungeahnte Einblicke in die Arbeit der deutschen Justiz: Richterin Barbara führt ihre Verhandlungen nämlich „genau so, wie ich das auch am Landgericht tun würde“ – das ist interessant, denn abzüglich der Werbepausen nimmt sie sich gutzehn Minuten Zeit für jeden Fall. Da sage noch einer, die Mühlen der Justiz mahlten langsam.

Dabei sind es keineswegs simple Streitigkeiten, die Barbara schlichten muss: „Meine Fälle sind so komplex wie das Leben selbst.“ So wie der erste Fall: Eine Mutter verklagte ihren Sohn (Familiendrama!) auf Zahlung von 700 Mark für einen Golden Retriever. Er behauptete, sie habe ihm den Hund geschenkt. Sie sagte verkauft, fand alles „sehr traurig“ – und bekam Recht. Warum, weiß der Kuckuck, jedoch bestimmt nicht Justitia, die bedeutungsschwanger in der Kulisse thront. Vielleicht entschied Barbara so, weil die Mutter betonte, sie sei ein „hundsehrlicher Mensch“?

Mit lästiger Indiziensuche oder eitler Paragrafenbemühung hält sich Richterin Barbara nicht auf, schließlich wartet schon der nächste komplexe Fall – und „Gerichtsreporter“ Hakim Meziani vor der Tür, um die Beteiligten zu interviewen. An Mutter und Sohn richtete er am Montag die sinnige Frage: „Muss man solche Sachen wirklich vor Gericht klären?“ Lukas Wallraff