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Ehebruch muss vor allem streng geheim bleiben

■ Urteil: Eine Ehefrau hat nach einem Seitensprung keinen Anspruch auf Unterhalt

Berlin (taz) – Tausende von geschiedenen Männern kennen den Hass auf die Ex, wenn sie mit einem anderen im Bett war und er, der Verlassene, noch Unterhalt zahlen muss. Diese Männer dürften sich über ein unlängst ergangenes Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz freuen: Danach kann Ehebruch zum Verlust des Unterhaltsanspruchs führen.

Die 38-jährige Krankenschwester war zwölf Jahre mit ihrem gleichaltrigen Mann verheiratet und hatte während der Ehe zwei Jahre lang eine Affäre mit einem gemeinsamen Freund aus dem Flieger-Club. Erst als die Eheleute schon getrennt lebten und die Affäre so gut wie beendet war, erfuhr der Mann von dem Seitensprung. Daraufhin verweigerte er seiner Noch-Ehefrau den Unterhalt. Sie habe „mit ihrem Verhalten den Antragsteller, der ihr vertraut hat, so massiv hintergangen“, dass es ihm „nicht zugemutet werden kann, an sie Unterhalt zu zahlen“, urteilte das Gericht. Erschwerend komme hinzu, dass viele der gemeinsamen Freunde von der Liebschaft gewusst hätten.

Die Frau hatte erklärt, ihre kinderlose Ehe sei zerrüttet und „eintönig“ gewesen. Seit zwei Jahren habe sie keinen Sex mehr mit ihrem Ehemann gehabt, enthüllte sie per Bild. Morgens habe der Mann das Haus verlassen und sei abends spät zurückgekommen. „Letzteres ist in einer Vielzahl von Ehen so“, argumentierte ungerührt das Gericht. Der Mann hatte die Ehe als „harmonisch“ bezeichnet.

„Ein Urteil gegen die Frauen“, meint dazu Christa Brauns-Hermann von der Bundesarbeitsgemeinschaft für Beratung bei Familienkrisen, Trennung und Scheidung. „Dahinter steckt doch die alte Moral: eine Frau, die so was macht, soll sehen, wo sie bleibt.“

Die Richter berufen sich in ihrem Urteil auf den Paragrafen 1579, Absatz 6 des Bürgerlichen Gesetzbuches, nach dem der Unterhalt gekürzt oder versagt werden kann, wenn dem unterhaltsberechtigten Partner „ein offensichtlich schwerwiegendes Fehlverhalten“ nachgewiesen wird.

„Eine Ehefrau geht durchaus ein gewisses Risiko ein, wenn sie einen Liebhaber hat. Es muss eben geheim bleiben“, meint Hans-Peter Braune, rechtspolitischer Sprecher des Interessenverbandes Unterhalt und Familienrecht (ISUV/VDU). Bisher ist übrigens kein Fall bekannt, wo untreuen Männern der Unterhalt versagt wurde – was aber daran liegt, dass meist die Männer die Hauptverdiener sind.

Das Koblenzer Urteil öffnet dennoch nicht die Schleusen für zahlungsunwillige Ehemänner. Meistens seien die Ehen schon vorher zerrüttet und dann würde auch die Liebschaft der Frau nicht mehr als Argument von den Richtern anerkannt, erklärt Familienrechtsanwalt Holger Paul aus Freiburg. Auf 100 Scheidungsfälle käme nur einer, in dem der Partner auf ein wie auch immer geartetes „Fehlverhalten“ der Gegenseite pochen könne.

Strenger urteilen die Richter in Unterhaltsangelegenheiten, wenn die Geschiedene mit einem neuen Freund zusammen lebt. Braune verweist auf ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Bremen. Eine Geschiedene wohnte mit ihrem Neuen schon zwei Jahre zusammen. „Wegen verfestigter nicht ehelicher Lebensgemeinschaft“ habe sie ihren Unterhaltsanspruch verwirkt, urteilte das Gericht. Barbara Dribbusch

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