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Frei handeln und Umwelt schützen

Die EU präzisiert ihre Verhandlungsposition für die WTO-Runde. Verbraucherschutz wird erwähnt, eine Lebensmittelbehörde ist aber nicht in Sicht  ■   Aus Brüssel Daniela Weingärtner

Der alte und neue EU-Agrarkommissar zeigte sich zufrieden. Als „gelungenen Start“ für die nächste Verhandlungsrunde der Welthandelsorganisation (WTO) Ende November in Seattle bezeichnete er das Papier, das die EU-Landwirtschaftsminister in der Nacht zum Dienstag absegneten. „Mit diesem Papier wurde eine gute Balance geschaffen zwischen notwendiger Präzision und Verhandlungsspielraum innerhalb des Rahmens der in Berlin beschlossenen Hilfen für die Landwirtschaft.“

Eine diplomatische Umschreibung für die Klemme, in der Europas Politiker stecken: Auf der einen Seite drücken begehrliche Bauern, aber auch Umweltschützer und besorgte Verbraucher. Die Bauern bangen um ihr lieb gewordenes Prämiensystem, Umweltschützer sehen durch Agrarfabriken den Tierschutz und die gewachsene Kulturlandschaft in Gefahr, Verbraucherverbände wehren sich gegen amerikanisches Hormonfleisch in europäischen Läden. Auf der anderen Seite stehen die Grundsätze des (subventions-) freien Welthandels, dem in Seattle zu seinem Recht verholfen werden soll. Deshalb hatte EU-Agrarkommissar Fischler vor dem Gipfel in Berlin auf eine Lösung gedrängt, die in Seattle hätte Bestand haben können: Abbau von Prämien und Exportsubventionen, dafür Förderung von Tierschutz, Landschaftspflege und Qualitätsprodukten durch direkte Einkommensbeihilfen für Landwirte.

Der vernünftige Vorschlag, der den Subventionsdschungel gelichtet hätte und langfristig billiger gewesen wäre, fiel in Berlin den Interessen der Mitgliedsländer zum Opfer. Man einigte sich auf ein Gemisch aus Subventionsabbau in kleinsten Schritten, halbherzigen Direktbeihilfen und unübersichtlichen Ausnahmeregelungen. So spiegelt das neue Papier das Dilemma der EU-Agrarpolitik wider: Sie will „voll an der Ausweitung des Welthandels beteiligt sein und gleichzeitig das europäische Agrarmodell mit seinen vielseitigen Zwecken und seinen hohen Qualitäts- und Sicherheitsstandards aufrecht erhalten“.

Aus Verbrauchersicht findet sich immerhin ein bemerkenswerter Absatz: „Was die Sicherheit und Qualität der Lebensmittel angeht, muß die EU Lösungen suchen, die den Verbrauchern garantieren, daß die WTO nicht dazu dient, Produkte auf den Markt zu drücken, gegen deren Sicherheit es berechtigte Vorbehalte gibt.“ Es soll möglich bleiben, angemessenen Verbraucherschutz aufzubauen.

Die Europäer werden sich in Seattle fragen lassen müssen, wie ihr hoher Qualitätsanspruch mit BSE-Krise, Dioxinskandal und Klärschlamm im Tierfutter zu vereinbaren ist. Beim Thema Dioxingrenzwert und bei dem Plan, eine Europäische Lebensmittelbehörde nach US-amerikanischem Vorbild zu gründen, kamen die EU-Landwirtschaftsminister am Montag in Brüssel keinen Schritt weiter.

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