: Familienförderung als Minimallösung
■ Große Koalition aus Verbänden kritisiert bei Bundestagsanhörung geplante Neuregelung
Berlin (dpa) – Verbände, Gewerkschaften und Steuerrechtler haben die geplante Neuregelung der Familienförderung scharf kritisiert. Es sei eine Minimallösung, mit der die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt werden. Weiterhin würden besser verdienende Familien mehr entlastet als Geringverdiener und allein Stehende, bedauerten sie in einer Expertenanhörung des Bundestags-Finanzausschusses gestern in Berlin. Sozialhilfeempfänger hätten überhaupt nichts davon, weil die Anhebung des Kindergeldes um 20 Mark auf 270 Mark mit den Sozialhilferegelsätzen voll verrechnet werde, kritisierte die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege.
Eine Sprecherin des Deutschen Familienverbandes nannte das Familienförderungsgesetz „Etikettenschwindel“. Schon ab einem durchschnittlichen Einkommen mit einem Grenzsteuersatz von 32 Prozent enthalte das Kindergeld keine zusätzlichen Leistungen für Familien mehr. Ein Sprecher des Instituts Finanzen und Steuern sagte, das Existenzminimum aller Familienmitglieder steuerlich freizustellen, sei „keine Förderung, sondern verfassungsrechtliche Selbstverständlichkeit“.
Die Gewerkschaften DGB und DAG bedauerten, dass die Formel „gleiche Förderung für jedes Kind unabhängig vom Einkommen der Eltern“ nicht habe durchgesetzt werden können. Der Deutsche Kinderschutzbund machte deutlich, dass durch die Systematik der Steuerfreibeträge Kinder von Spitzenverdienern bis zu 422 Mark Kindergeld erhielten, gegenüber einem Betrag von 270 Mark bei Normalverdienern.
Die Bundesregierung will zum 1. Januar 2000 das Kindergeld um 20 auf 270 Mark anheben. Neben dem geltenden Kinderfreibetrag wird zudem ein Betreuungsfreibetrag von 3.024 Mark jährlich für Kinder unter 16 Jahren eingeführt.
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