: Neue alte Sitzordnung in Thüringen
■ Drei Frauen sind an der Spitze des Landtags, Minister vereidigt
Dresden (taz) – Das ist einmalig: Seit gestern wird der Thüringer Landtag von einem Damentrio geleitet. Auf der konstituierenden Sitzung wurde Christiane Lieberknecht (CDU) zur Präsidentin bestimmt. Die PDS wird von ihrer bisherigen Fraktionschefin Birgit Klaubert vertreten, die SPD von Ex-Sozialministerin Irene Ellenberger. „Ein deutliches Zeichen dafür, dass sich Frauen durchsetzen“, meinte Ellenberger.
Die Wahl wurde auch als eine Art Lackmustest in der Frage gewertet: Wie hält es die CDU mit der neuen Oppositionsführerin PDS? Ministerpräsident Bernhard Vogel hatte sich vorgestern mit der PDS-Fraktionsspitze getroffen. Vogel hat uns zugesagt, dass die CDU zwar eine Politik der Abgrenzung, nicht aber der Ausgrenzung betreiben wird“, sagte PDS-Fraktionsvize Bodo Ramelow. Der ehemalige Kultusminister und neue CDU-Fraktionschef Dieter Althaus hörte sich anders an: „Wir werden differenzieren zwischen der SPD als richtiger, demokratischen Opposition und einer PDS, die immer noch ein anderes Gesellschaftssystem will.“
Bei der Wahl von PDS-Kandidatin Klaubert enthielten sich gestern viele CDUler der Stimme, einige votierten gar für sie. Dennoch kündigte Althaus an, künftig zuerst mit der SPD sprechen zu wollen – etwa bei der Wahl des Präsidenten des Landesrechnungshofes. „Ich möchte mal wissen, mit wem er da reden will“, kommentierte Rammelow gestern.
Die SPD bestätigte auch in der konstituierenden Landtagssitzung eindrucksvoll ihre Zerstittenheit. Bei einer eher unwesentlichen Abstimmung – es ging um ihren eigenen Personalvorschlag für den Wahlprüfungsausschuss – gaben nur 11 der 18 SPDler ihre Stimme dem eigenen Mann. „Mir scheint, als säße die SPD mit zwei Fraktionen im Landtag – einer Dewes- und einer Schuchardt-Fraktion“, so Rammelow.
Am Nachmittag wurden das neunköpfige Kabinett vereidigt. Ihm gehört auch die parteilose Dagmar Schipanski an. Die im Mai bei der Bundespräsidentenwahl unterlegene Unionskandidatin übernimmt das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur. Jetzt ist auch das Rennen um die Vogel-Nachfolge offiziell eröffnet. Der Ministerpräsident schickt neben Fraktionschef Althaus auch den 41-jährigen Christian Köckert als neuen Innenminister ins Rennen. Er soll sich in diesem als kompliziert geltenden Ressort seine Sporen verdienen. Dritter im Bunde ist der 44-jährige Finanzminister Andreas Trautvetter. Er bleibt, was er bislang war – und wird trotzdem aufgewertet. Der hemdsärmelige Südthüringer, der gern provoziert, wird stellvertretender Ministerpräsident. Vogel erklärte, er wolle keinen der drei favorisieren. Und machte dann aber doch eine Andeutung: „Es weiß jedes Kind, dass ich Althaus sehr schätze.“ Nick Reimer
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen