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Kita-Protest: Mit Mopps gegen den Senat

■ Senat will heute weitreichende Einsparungen im Kita- und Hort-Bereich beschließen / ÖTV und Elternvertreter rufen zum Protest heute vor dem Bremer Rathaus auf

Als Mitte September die Sozialdeputation den Bericht der Senatorin über die Konsequenzen aus dem Wibera-Gutachten, das die Kita-Strukturen überprüfen sollte, zur Kenntnis nahm, da sah alles noch ziemlich allgemein und unverbindlich aus. Bis Ende des Jahres, so hatte die Senatorin auch auf einer Pressekonferenz erläutert, sollten die Schlussfolgerungen aus dem Gutachten erörtert und beraten werden.

Hinter den Kulissen hatten diese allgemeinen Sätze aber durchaus konkreten Sinn. Das ergibt sich aus der Vorlage zu dem selben Thema, das der Senat heute beschließen soll. Denn der Senat will mit seinen Haushaltsplanungen keineswegs die Beratungen der Sozialpolitiker abwarten.

Heißt es in dem Bericht an die Parlamentarier in der Sozialdeputation etwa, dass die Kitas im Jahr an 20 Tagen geschlossen haben sollen und nicht nur an 15 Tagen, so ist in der Senatsvorlage hinzugefügt: Einsparvolumen 1,8 Millionen Mark ab dem Jahr 2000. Das bedeutet, dass in diesem Umfang Stellen in den Kitas gestrichen werden müssen. Heißt es in dem Deputationsbericht allgemein, die Ausgaben für Material müssten überprüft werden, so steht in dem Senatsbeschluss: Spareffekt 74.000 Mark. Heißt es in dem Papier für die Parlamentarier, die „Preisverhandlungen zur Festlegung einer Verpflegungspauschale mit den Trägern müssen eingeleitet werden“, so steht in dem Senatsbeschluss schon das Ergebnis dieser Verhandlungen: Einsparungen beim Mittagessen für die Kita-Kinder: 70.000 Mark.

Drei Punkte tauchen in dem Senatsbeschluss ohne weitere Erläuterung auf, die den Sozialpolitikern in der Deputation gegenüber überhaupt nicht erwähnt wurden: „500 gts Plätze auf teilzeit“ steht da kryptisch klein gedruckt. Das soll auf deutsch heißen: 500 Ganztags-Kita-Plätze werden ab dem Kita-Jahr 2000/2001 auf reine Vormittags-Angebote (4 Stunden) reduziert, das soll ein Einsparvolumen von 500.000 Mark im Jahr erbringen. Und die Horte sollen nur noch 4 bis 5 Stunden am Tag geöffnet haben. Einspar-Effekt: 2 Millionen Mark. Und bei der Reinigung der Kitas sollen 2 Millionen Mark im Jahr eingespart werden. Das alles reicht dem Finanzsenator nicht, er verlangt von der Sozialsenatorin, dass alle Tarif- und sonstigen Kos-tensteigerungen inclusive neuer Angebote in den Neubaugebieten aus dem bestehenden Etat finanziert werden.

„Unveranwortlich“ hatte die grüne Sozialpolitikerin Anja Stahmann zu dem Vorgehen der Sozialsenatorin gesagt. Am Dienstag soll der Senat die Schlussfolgerungen im Detail beschließen, der Senat wartet nicht einmal höflich-keitshalber die fachliche Beratung ab, die die Experten des Jugendhilfeausschusses mit dem Gutachter der Wibera für den kommenden Donnerstag angesetzt haben.

„Das ist gegen alle bisherigen Verlautbarungen des Senats ein deutlicher Einschnitt in die Qualität des Angebotes für die Kindertagesstätten“, protestiert in Bündnis aus ÖTV-Gewerkschaftern, Personalräten und ElternvertreterInnen der städtischen Kitas und ruft zur spontanen Demonstration auf: Heute ab 10.40 Uhr sollen vor dem Eingang des Rathauses, in dem der Senat tagt, die Reinigungskräfte mit den Mopps ein Spalier für die SenatorInnen bilden und die Kinder mit Schirmen demonstrativ rufen: „Lasst uns nicht im Regen stehen“.

K.W.

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