: Ein Hauch Orangenschale
■ Der Bayer aus Rügen verkocht sich bei „Zwei Männer am Herd“ (19.25 Uhr, ZDF)
Warum nur hat das ZDF in seiner neuesten 19.25-Uhr-Mainstreamserie den ehemaligen Bayer auf Rügen, wie seinerzeit jene zwei Münchner nach Hamburg geschickt, auf dass er dort in den kommenden zehn Wochen als einer von zwei Männern am Herd stehe? „Aus der Überzeugung heraus“, antwortet der Pressetext, „dem deutschen Serienzuschauer mal eine etwas andere, sinnliche Thematik bieten zu können.“
Und weiter heißt es: „Kochen, das ist Verführung, ist vielleicht einer der letzten Berufe, die Träume wahr machen.“ Vielleicht ist es aber auch nur einer der letzten Berufe, die bislang noch nicht in einer Fernsehserie durchgebraten wurden – und damit innovativ genug, um ihn auf die ZDF-Tageskarte zu setzen.
Die legendäre Zielgruppe des Falkenauer Landarztsenders jedenfalls (und für niemand anderen haben hier die Serienköche eingedeckt) braucht sich vor modischem Cuisine-Schnickschnack nicht zu fürchten. Schließlich sind die Männer am Herd nicht ambitionierter als Ente mit Lauch oder das „Häuchelchen“ Orangenschale, das Wolfgang Fierek als einer der Titelhelden unter die Estragonsoße mischt: Den bayerischen Fortysomething-Starkoch Walter, so will es die mehlschwitzige Basis der Serie, hat's nämlich an die Außenalster verschlagen, wo er gemeinsam mit einem Hanseatensöhnchen (Florian Fitz) ein Lokal eröffnet, obwohl der unreife Kompagnon, wie er selber sagt, bloß „Dosensuppen, Spaghetti, Milchreis und Spiegeleier“ kochen kann.
Die Männer am Herd sind nichts, an das man sich am jüngsten oder nächsten Tag in der Kantine erinnern wird; nichts, auf das die Welt gewartet hätte oder jemals warten würde, sondern routiniertes Duselfernsehen, das auf kleiner Flamme freundlich (und derart unzeitgemäß, dass man's fast schon zeitlos nennen könnte) vor sich hinköchelt.
Um jenes Häuchelchen Orangenschale herauszuschmecken, das hie und da womöglich tatsächlich ins Drehbuch gerieben wurde, müsste man sich die Seriensoße jedenfalls schon ganz genau auf der Zunge zergehen lassen. Und da lassen wir den Fernseher dann doch lieber kalt und gehen Pizza essen. Christoph Schultheis
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen