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BürgerInnen diskutieren mit Bürgermeister über Sieger-Entwurf für die Hafencity

Wer am Donnerstagabend zur ersten Diskussion über den siegreichen Masterplan-Entwurf für die Hafencity kam, der konnte beobachten, wie der Volksmund seinen Wortschatz erweitert: Ingo Böttcher aus Rothenburgsort prägte den Begriff „Neptunzinken“ für die drei Hochhäuser, mit denen die Planer das östliche Ende der Hafencity an den Elbbrücken markieren wollen. Potentiell sei das ein markantes Tor zu Hamburg, aber eines, das Böttcher an der versprochenen Verbindung der Hafencity mit der Veddel und mit Rothenburgsort zweifeln ließ.

Die HamburgerInnen sollten die Details des Siegerentwurfs diskutieren können. Mehrere Hundert nutzten die Gelegenheit. Um ein Haar wäre die prallvolle Kantine des Verlagshauses Gruner & Jahr von der Feuerwehr geräumt worden.

Oberbaudirektor Jörn Walter erläuterte die Vorzüge des Entwurfs: Seine Struktur aus von Norden nach Süden verlaufenden Straßen verbinde den neuen Stadtteil gut mit der City. Ein Saum von kleinen Gebäuden am Rande der Speicherstadt sorge dafür, dass in dem Neubaugebiet „möglichst schnell Identität durch Kontakt mit dem Alten entsteht“. Mit seinen meist sechs- bis siebenstöckigen Gebäuden und wenigen Hochhäusern erweise sich der Entwurf als „der deutliche Versuch, Stadt zu bauen“.

Den acht unterschiedlichen Vierteln, die nach und nach errichtet werden sollen, bescheinigte der Oberbaudirektor ausreichend Charakter. Gleichzeitig sei das Problem der Übergänge zwischen den Vierteln gelöst worden. Schließlich definierten die Planer mit dem Magdeburger Hafen ein klares Zentrum für den neuen Stadtteil. Durch dieses Handels- und Dienstleistungszentrum hindurch führt eine Promenade, auf der man vom Jungfernstieg aus zum künftigen Fährterminal auf dem Cellpap-Gelände spazieren kann.

Alles schön und gut: Aber ob denn die Wirtschaftlichkeit dieses Plans im Hinblick darauf untersucht worden sei, dass die Erlöse aus der Hafencity die Zerstörung Altenwerders finanzieren sollten, wollte Klaus Baumgardt von Rettet die Elbe wissen. Bernd Tiedemann, Geschäftsführer der Hafenentwicklungsgesellschaft GHS, verwies auf Gutachten, die in der Bürgerschaft als „konservativ“ bewertet worden seien. Der Container-Terminal in Altenwerder werde durch Kredite vorfinanziert.

Verschiedene Diskutanten bezweifelten, dass der Immobilienmarkt Hamburgs ein Mega-Projekt wie die Hafencity verkraften könne. Kaufmann Herbert Michel schlug vor, Tiedemann möge sich zunächst am „Probeauftrag, die Kehrwiederspitze zu beleben“, abarbeiten. Dem Risiko werde durch den schrittweisen Bau der Hafencity begegnet und dadurch, dass nicht so riesige Bürogebäude geplant seien, sagte Bürgermeister Ortwin Runde (SPD).

Stadtentwicklungssenator Willfried Maier (GAL) versprach der Regenböglerin Heike Sudmann, Menschen aus allen Schichten würden sich Wohnungen in der Hafencity leisten können. Das Problem des Hafenlärms werde sich mit der Wanderung des Hafens nach Westen relativieren, prognostizierte Oberbaudirektor Walter.

Offen bleiben – und zwar bis die Hafencity weitgehend fertig gebaut ist – wird laut Walter die Frage, welches öffentliche Verkehrsmittel die Hafencity erschliessen soll. Der Verkehrsclub VCD kritisierte dieses Vorgehen gestern als fatal: Die künftigen Bewohner dürften nicht zwangsweise ans Auto gewöhnt werden, bevor ein attraktives öffentliches Verkehrsmittel bereit stehe, erklärte VCD-Geschäftsführer Carsten Knoch gegenüber der taz.

Der VCD hält eine Straßenbahn vom Jungfernstieg zum geplanten S-Bahnhof an den Elbbrücken für ideal – dorthin, wo der „Neptunzinken“ entstehen könnte. Dieser Ort wäre mit vielen Verkehrsmitteln erreichbar und somit in den Augen Walters für Hochhäuser ideal. „Neptunzinken“, sinnierte Ortwin Runde, „das klingt, als müsste man's bauen.“ Gernot Knödler

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