■ Europäische Tagung: Wie können Behinderte in den Arbeitsmarkt integriert werden?

Vor drei Jahren gab es schon einen Versuch in Bremen: die „Gemeinnützige Gesellschaft für unterstützte Beschäftigung“ (GUB) sollte Behinderte jeder Couleur in den ersten Arbeitsmarkt vermitteln. Doch die Fördergelder, die sich die beiden Träger erhofften, konnten nicht eingeworben werden – und so wurde in den drei Jahren der Existenz der GUB nicht einer der durchschnittlich 1.750 arbeitslosen Behinderten in Bremen vermittelt. Das berichtet Andreas Hoops, Geschäftsführer der „Lebenshilfe“, die zusammen mit dem Verein „Selbstbestimmt Leben“ das Projekt aufbauen wollten.

Wie aber kann die berufliche Integration von beeinträchtigten Menschen gelingen? Und zwar so, dass nicht Riesenwerkstätten aufgebaut werden, in denen Behinderte staatlich gefördert ein Dasein fern der nichtbehinderten Welt fristen? Bis Sonntag treffen sich Vertreter europäischer Projekte in Bremen, um den besten Weg zu suchen. Ihnen ist gemein, dass sie Geld von der EU bekommen, um verschiedene Ansätze auszuprobieren. Der Ire Peter Canning leitet eine kleine Fabrik, in der Behinderte Käse herstellen. In den Niederlanden werden Bauernhöfe von Behinderten geschmissen. Und in Bremen wurde mit der „Integra Dienstleistungen“ ein Betrieb gegründet, bei dem die Hälfte der 12 Gartenarbeiter eine Behinderung haben und dennoch behandelt und bezahlt werden wie Nichtbehinderte.

Das sind Tropfen auf den heißen Stein. In Deutschland wird viel Hoffnung in ein weiteres Modellprojekt gesetzt: Der „Integrations-Fachdienst“. Jedes Bundesland hat eine Stelle, die ausschließlich für die Vermittlung von Behinderten in den ersten Arbeitsmarkt zuständig ist. Vorgehensweise, Trägerschaft und Erfolge sind je nach Bundesland verschieden – in Bremen wurden von den sechs festen Mitarbeitern in einem Jahr 308 Menschen beraten. Immerhin in 63 Fällen konnte ein betriebliches Praktikum vermittelt werden, zwölf unbefristete Arbeitsverträge wurden abgeschlossen – vom Abfallsortierer bis zur Buchbinderin, vom Chemiker bis zum Zahntechniker.

„Ich denke: Das rechnet sich“, sagt Fachdienst-Leiterin Dorothee Gellermann. Vor allem, weil jeder Mensch in Arbeit nicht mehr den staatlichen Hilfen auf der Tasche liegt. Bei langfristigem Erfolg winkt den Trägern eine gesetzliche Festschreibung, dass Integrations-Fachdienste in allen Bundesländern existieren müssen. Profitieren vor allem die Träger (in diesem Fall Martinsclub, Landesverband der Gehörlosen, Elbe-Weser Werkstätten und Bremer Werkgemeinschaft) von den Geldern solcher Modellprojekte?

Die Entwicklung dürfte Andreas Hoops von der Lebenshilfe nicht gefallen. Auch Horst Frehe vom Verein Selbstbestimmt Leben formuliert: „Ich finde es schade, dass die Trägerlandschaft in Bremen so monopolisiert ist“. Deshalb wollen beide trotz des gescheiterten GUB-Projekts neue Versuche starten. Der Unterschied zu den Ansätzen von Fachdienst oder Integra-Dienstleistung: Hauptaugenmerk liegt auf den Job-Coaches, die die Behinderten auch am Arbeitsplatz betreuen. Die Hoffnung, ohne deren Erfüllung gar nichts geht: Aktion Sorgenkind soll die Maßnahme bezahlen. cd