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■ Waffe nicht geladen, keiner in Gefahr“. Student rechtfertigt seinen Auftritt bei n-tv
Der Student Christoph Kastius, der am Donnerstagmorgen vor laufender Kamera beim Nachrichtensender n-tv damit gedroht hatte, sich zu erschießen, rechtfertigte sich gestern gegenüber der taz: „Meine Waffe war nicht geladen. Keiner war in Gefahr.“
Da die Medien auf seine Hilferufe nicht reagiert hätten, habe er sich die Sendezeit eben gewaltsam nehmen wollen. Nach seiner Festnahme durch das SEK habe er noch aus dem Polizeiwagen bei n-tv angerufen und sich entschuldigt. Kastius hatte von den n-tv-Redakteuren ein Gespräch mit dem Telekom-Vorstand Dr. Ron Sommer verlangt. Andernfalls, drohte er, wolle er sich umbringen. Vor wenigen Tagen hatte die Telekom denTelefonanschluss der von Studenten gegründeten „Suchhotline“ gekappt.
Christoph Kastius ist der Kopf der Studentengruppe, die einen Internet-Suchdienst für Kosovo-Flüchtlinge und Erdbebenopfer aus der Türkei aufgebaut hat. „Wir haben über 4.000 Menschen geholfen, vermisste Angehörige zu finden“, berichtet Kastius.
Die hohen Telefonrechnungen konnten die Studenten von Spenden bezahlen. Die letzte Rechnung über 7.000 Mark wollte die Telekom übernehmen. Das soll ein Pressesprecher der Telekom Kastius schon vor Wochen mündlich verprochen haben. Stattdessen flatterten dem Informatikstudenten Mahnungen ins Haus, und der Telefonanschluss wurde gekündigt.
Kastius sagte, er habe mehrmals vergeblich versucht, Kontakt mit dem Telekom-Vorstand aufzunehmen, „Ich war verzweifelt und wusste nicht mehr weiter.“
Man habe für diese „armselige Aktion“ kein Verständnis, erklärte gestern n-tv-Sprecher Bernd Spintowsky. Daher sei Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch und Nötigung gegen Kastius gestellt worden.
Nach einem Krisengespräch in seiner Studentengruppe hat Kastius am Donnerstagabend seine Arbeit wieder aufgenommen. Die Studenten haben gegen die Telekom Klage wegen unterlassener Hilfeleistung eingereicht.
Der Telekom-Mitarbeiter, der Kastius versprochen haben soll, die offen stehende Rechnung zu begleichen, ist zur Zeit im Urlaub. Ein Kollege aus der Berliner Pressestelle sagte: „Er hat gar nicht die Kompetenz, solche Zusagen zu machen.“ Im Bonner Telekom-Hauptsitz wollte man sich zu den Vorwürfen von Kastius nicht äußern. Karen Heinrichs
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