: Erben von Immobilien im Ausland
■ Um böse Überraschungen zu vermeiden, sollte man bei Erbschaftsangelegenheiten den Notar konsultieren
Der Markt für selbst genutzte Immobilien im Ausland gewinnt immer mehr an Bedeutung.“ Das betonte der Verbandsdirektor der Landesbausparkassen, Hartwig Hamm, anlässlich einer Ferienimmobilienmesse in München. Schätzungen zufolge besitzen derzeit etwa 600.000 Bundesbürger ein solches Domizil oder einen Altersruhesitz; mehr als drei Millionen beabsichtigen, in naher Zukunft ein Haus im sonnigen Süden zu erwerben. LBS-Direktor Hamm rechnet damit, dass die Nachfrage nach Immobilien jenseits der deutschen Grenzen künftig „über 15 Prozent der Gesamtnachfrage nach Wohneigentum“ ausmachen werde. In den letzten Jahren habe er bereits bei 10 Prozent gelegen. Die größte Nachfragergruppe bildet einer LBS-Untersuchung zufolge Ruheständler mit 36 Prozent.
Doch nicht allein aufgrund des Alters der Besitzer von Feriendomizilen würden „Erbfälle mit Auslandsberührung immer mehr an Bedeutung“ gewinnen, weiß man bei der Rheinischen Notarkammer in Köln. „In vielen Fällen ist es die ausländische Staatsangehörigkeit eines der Erben, welche die Einbeziehung des ausländischen Rechts in die Nachlassplanung erfordert.“ Jede fünfte Ehe in Deutschland beispielsweise wird heute mit einem ausländischen Partner geschlossen.
Werde der Auslandsbezug bei der Erbregelung falsch behandelt, könne dies schwerwiegende Folgen haben. „Böse Überraschungen kann erleben, wer ein Grundstück in Frankreich besitzt“, wissen die Notare und schildern: „Ein Erblasser hatte ein gültiges deutsches Testament errichtet und darin seine Ehefrau zur Alleinerbin eingesetzt.“ Trotzdem wurde die Immobilie nach französischem Recht vererbt – nicht an die Frau also, sondern an die Kinder. Ein Fall aus Deutschland: Ein Gastronom italienischer Staatsangehörigkeit hat in München ein Restaurant aufgebaut und will vermeiden, dass das Geschäft nach seinem Tod zwischen den Kindern aufgeteilt wird. Deshalb setzte er seinen Sohn als Alleinerben des Familienbetriebes ein. Die Tochter verzichtete auf ihren Pflichtteil daran und bekam zum Ausgleich Wertpapiere. Aber: „In Italien ist der Verzicht auf den Pflichtteil unwirksam“, so die Notare. „Die Existenz des Unternehmens kann durch Pflichtteilsansprüche der Tochter gefährdet sein.“
Zur Vermeidung rechtlicher Schwierigkeiten haben sich Notare grenzüberschreitend zusammengetan. In Europa beispielsweise besteht ein Kooperationsabkommen, von dem alle Vertreter dieser Branche Gebrauch machen können. Die Juristen empfehlen in grenzüberschreitenden Erbangelegenheiten, den Notar frühzeitig mit der Planung des Nachlasses zu betrauen. „Nur bei umfassender Berücksichtigung der unterschiedlichen Rechtssysteme lässt sich der Wille des Erblassers sachgerecht verwirklichen und Streit zwischen den Erben vermeiden.“ So komme dem notariellen Testament „auch im Ausland ein hoher Beweiswert zu“. Es bilde die Grundlage für eine „reibungslose Abwicklung“ der Erbsache. Bei Immobilienbesitz gehöre dazu insbesondere die Umschreibung ausländischer Grundstücksregister auf den Erben. Der notarielle Rat: ein zweisprachig abgefasstes notarielles Testament, was sich „in der Praxis oft als hilfreich“ erwiesen habe. Ein weiterer Grund, zur Regelung der Erbschaft Juristen und Steuerexperten heranzuziehen: Die Erbschaftssteuer ist in vielen Ländern höher als in Deutschland. „Eine Reduzierung der Steuerbelastung gehört mit zu einer optimalen Testamentsgestaltung“, so die Fachleute der Rheinischen Notarkammer. Andreas Lohse
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