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■ Westarbeit der Stasi“: Gauck-Mitarbeiter veröffentlicht zwei Bücher gleichzeitig

Berlin (taz) – „Angesichts der Remilitarisierung Westdeutschlands durch Adenauer und die Initiatoren des 2. Weltkriegs“, so schrieb eine Mitarbeiterin der Bundesbahn 1957, „halte ich es für meine patriotische Pflicht, mit allen Kräften einem drohenden 3. Weltkrieg entgegenzuwirken.“

Mit dieser Verpflichtungserklärung hatte sich „Inge Schneider“, wie die Bundesbürgerin genannt wurde, der Stasi verschrieben. Seit 1971 arbeitete sie beim Landeskriminalamt in Düsseldorf als Fernschreiberin. Inge Schneider lieferte der Stasi bis 1977 über 1.300 Dokumente von nachrichtendienstlicher Bedeutung – etwa Informationen zur Tätigkeit der Geheimdienste und Polizei der Bundesrepublik gegen Ost-Agenten. Dafür bekam sie insgesamt 846.000 Mark.

Dies ist eine der Geschichten, die seit gestern in einem neuen Buch des Historikers Hubertus Knabe zur „Westarbeit des MfS“ nachzulesen sind. Knabe ist Angestellter der Gauck-Behörde. Sein im Ch. Links-Verlag veröffentlichtes 600-Seiten-Werk beruht auf einer Studie, die er für die Enquetekommission des Bundestags zur DDR-Geschichte erstellt hat. Doch schon am Montag soll neben der Studie und dem gestern vorgestellten Band ein drittes Werk Knabes zur Stasi-Tätigkeit in Westdeutschland erscheinen – dieses Mal im Propyläen-Verlag. Der Autor verspricht, dass der Propyläen-Band anders sein werde als das Werk aus dem Ch. Links-Verlag: populärwissenschaftlicher, leichter zu lesen.

Im Ch. Links-Verlag ist man darüber wenig begeistert – man werde prüfen, ob es da Überschneidungen gebe, kündigte eine Verlagssprecherin gestern an. Der Grund: Der Ch. Links-Verlag hat mit der Gauck-Behörde einen Vertrag, der Links zusichert, dass der Verlag die exklusiven Publikationsrechte für die Gauck-Forschungsergebnisse besitzt.

Das Buch enthält zwar heiße Informationen über die nach Knabes Schätzung bis zu 23.000 Bundesbürger, die als IM für die Stasi gekundschaftet haben. Doch es ist ziemlich trockene Kost, die sich, wie der Autor selbst sagt, zuerst an Wissenschaftler richtet und vor allem die Struktur der Stasi-Spitzelei in der Bundesrepublik aufdröselt. Mit Spannung darf man deshalb den leserfreundlicheren Bericht am Montag erwarten.

Philipp Gessler

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