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■ Berliner Sieger: Der Bündnisgrüne Öczan Mutlu holte in Kreuzberg ein Direktmandat
Er ist jung, selbstbewusst, redet unaufhörlich und will sich nicht, nur weil er in der Türkei geboren wurde, auf klassische Ausländerthemen festlegen. Einen Tag nach der Berliner Wahl wird Öczan Mutlu schon ein bisschen wie ein neuer Cem Özedemir aus Berlin gehandelt. Der Deutschtürke hat bei der Abgeordnetenauswahl am Sonntag eines der zwei Direktmandate für die Grünen in seiner Hochburg Kreuzberg gewonnen. Mit Plakaten, auf denen er schlicht mit „Ich bins Mutlu“ warb, hat er Erfolg gehabt – bei den eingebürgerte Türken ganz besonders, wie er glaubt.
Tatsächlich ist Öczan Mutlu einer der wenigen viel versprechenden Newcomer bei den Berliner Grünen. Der 31-jährige Diplomingenieur macht seit seiner Einbürgerung 1990 Politik und war bisher im Kommunalparlament in Kreuzberg aktiv. Mutlu ist kein Taktiker, kein gewiefter Politiker, sondern wirkt in seinem Handeln unverbraucht. Manchmal scheint das etwas naiv, aber das kompensiert er durch Fachwissen.
Der Schwerpunkt Mutlus ist Bildungspolitik, ein Politikfeld, das in der Hauptstadt immer wichtiger wird. In Berlin tobt in den Parteien, aber auch unter Lehrern und Eltern seit Jahren ein erbitterter Kampf um die Reform des Berliner Schulsystems, den Religionsunterricht und die Erziehung Kinder nicht-deutscher Herkunft. Also keine leichte Aufgabe, die sich Mutlu vorgenommen hat, doch der Vater eines Sohnes hat bereits Erfahrung, er ist Mitbegründer der bundesweit einzigen Deutsch-Türkischen Europa-Schule.
Mutlu, der vor zwei Jahren den Landesverband von ImmiGrün e.V. gründete, um das politische Engagement von Zuwanderern zu fördern, sieht sich selbst als „linken Pragmatiker“. „Ich fühle mich in meinem linken Kreuzberg sehr wohl“, sagt er. Deshalb möchte er auch nicht unbedingt mit dem Realo Cem Özdemir verglichen werden, mit dem es, trotz Freundschaft, „große politische Differenzen“ gebe. Der größte Unterschied aber sei, dass Özedmir Schwabe ist und Mutlu Berliner. „Das sind eben unterschiedliche Welten“, sagt Mutlu und grinst. Julia Naumann
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