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Wer kauft schon eine Katze im Sack?

■ Pläne für Einkaufsparadies auf dem TÜV-Gelände in Hastedt geplatzt: Die Georg-Bitter-Trasse durchkreuzte die Planungen

Vorne, an der Georg-Bitter-Straße, reißen die Bagger die Straße für die Schneise bis zur Erdbeerbrücke auf. An einer Stellwand hat die Bürgerinitiative „Hastedt und umzu“, die gegen den Straßenausbau kämpft, Zettel geklebt, auf denen der nächste Gerichtstermin angekündigt wird. Bringt die Trasse durch Hastedt tatsächlich den Verkehrsinfarkt für die Anwohner?, wird sich das Oberverwaltungsgericht am 26. Oktober fragen müssen. Stimmen die Verkehrsprognosen der Bauplaner nicht, hoffen die Gegner des Straßenbaus, das Vorhaben noch kippen zu können.

Von dem Verkehr, der zukünftig durch die Straße geleitet wird, hängt auch ab, was mit dem TÜV-Gelände zwischen Georg-Bitter-Straße und Bei den drei Pfählen geschieht. Oder umgekehrt? Hängt von dem Gelände ab, wie viel Verkehr durch die Straße gehen wird?

Für das rund fünf Hektar große Gelände gab es schon viele Pläne, seitdem 1995 die Kfz-Zulassungsstelle wegzog und auch der Fahrzeugpark der Polizei verlagert wurde. Das Junge Theater konnte sich einen Umzug ebenso vorstellen wie die Macher einer neuen Eislaufhalle. Konkret ist nichts davon geworden. Nur ein Autohaus macht sich begründete Hoffnungen, einen Teil des Geländes als Auto-Lagerplatz abzubekommen – die Stadt musste schließlich zum Ausbau der Georg-Bitter-Straße ein Grundstück des Autohauses einkassieren.

Rund um das TÜV-Nord-Verwaltungshaus und das runde Gebäude der ehemaligen KFZ-Zulassungsstelle soll, soviel ist inzwischen sicher, eine Mischung aus Wohnen und Arbeit entstehen. 1996 stellte der damalige Bau- und heutige Innensenator Bernt Schulte (CDU) ein Konzept für das Gelände vor, das als Zentrum des Geländes ein „Gewerbe- und Gründerzentrum Hulsberg“ vorschlug. Außenherum sollten Wohnungen gebaut werden. Die Idee: Handwerker aus dem Viertel sollten hier Platz für die betriebliche Expansion finden. Denn den Viertelanern bleibt oft nichts als die Flucht in die Peripherie: Kein Platz im Viertel oder unbezahlbar. Die Ideen, vom Beirat Östliche Vorstadt für gut befunden, schlummerte vor sich hin.

Doch plötzlich, oh Wunder, mutierte sie. Auf einmal, so der Wunsch, sollte Platz sein für 6.000 bis 7.000 Quadratmeter Einzelhandel. Ein weiteres Riesen-Einkaufszentrum für die Bremer. Der Wünschende: Großinvestor Kurt Zech. Signale aus der Behörde ließen den Wünschenden angeblich hoffen.

Im Umfeld reagierte man irritiert: „Einkaufszentrum?“, fragten Georg-Bitter-Trassen-Gegner. Wo ein Einkaufszentrum, da Verkehr. Noch mehr Verkehr. Prognosen falsch, dass alles nicht so schlimm wird mit dem Durchstich zur Erdbeerbrücke?

Stadtplaner hatten andere Bedenken: An der Pfalzburger Straße, am Ende des Osterdeichs, soll bald ein Einkaufsparadies mit rund 15.000 Quadratmeter eröffnet werden. Auch auf der Habenhausen-Seite der Erdbeerbrücke haben Discounter, Baumärkte und Riesen-Spielwarenläden Konjunktur. Ein weiteres Einkaufszentrum soll im früheren Habenhauser Arbeitsamt entstehen.

Das Planungsamt machte nun den Zech-Plänen für das TÜV-Gelände den Garaus. Der Bebauungsplan, gerade auf den Weg gebracht, sieht vor: Einzelhandel ja. Aber nicht über 700 Quadratmeter. Aus der Traum? Nun ist unklar, ob Zech auch ohne Einkaufszentrum weiter Interesse an dem Gelände hat.

Im Beirat hofft man jetzt auf eine erneute Diskussion, wie mit dem Gelände umgegangen werden soll. Gestern Abend war eine Vertreterin des Planungsamtes in die Sitzung des Beirats eingeladen, um die Pläne vorzustellen. Außerdem soll ein Fachtag veranstaltet werden. Die Hauptfragen lauten nun: Will man weiterhin einen Großinvestor an Land ziehen, der das Gelände aus einem Guss und wohl auch kostengünstig plant? Oder will man viele kleine Investoren interessieren – was viel Arbeit machen dürfte? Bevor die Georg-Bitter-Straße fertig ist und die Verkehrsströme beobachtet werden können, wird es wohl nicht zum Baubeginn kommen. Denn wer investiert schon in eine Katze in Sack?

Christoph Dowe

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