: Rebellen ermorden UN-Leiter in Burundi
■ Gezielte Hinrichtungen bei Angriff im Kriegsvertriebenenlager. Burundis Hutu-Rebellen intensivieren Kampf gegen Regierung
Berlin (taz) – In der langen Chronik von Überfällen auf Mitarbeiter humanitärer Hilfsorganisationen wird die Ermordung an zwei führenden UN-Vertretern in Burundi am Dienstag sicherlich einen ranghohen Platz einnehmen. Luis Zuniga, aus Chile stammender Leiter der Burundi-Operationen des UN-Kinderhilfswerks Unicef, und Saskia von Meijenfeldt, Logistikleiterin des UN-Welternährungsprogramms WFP in Burundi aus den Niederlanden, wurden von Hutu-Rebellen mit gezielten Kopfschüssen getötet, zusammen mit sieben Einheimischen.
Nach UN-Angaben erfolgte der Angriff, als ein 16-köpfiges Team, darunter sechs UN-Mitarbeiter, das Kriegsvertriebenenlager Muzye im Süden des Landes nahe der Grenze zu Tansania besuchte. Als die UN-Mitarbeiter aus ihren drei Autos stiegen, eröffnete eine Rebellengruppe das Feuer. Alle drei Autos wurden ausgebrannt, die Angegegriffenen wurden gegen die Wand gestellt und ausgeraubt. Als die Angreifer bereits wieder gehen wollten, so die UN-Berichte weiter, habe einer von ihnen sich umgedreht und gefragt: „Wieso sollen wie diese Leute am Leben lassen?“ Dann habe er erst Zuniga und dann van Meijenfeldt eine Pistole an den Kopf gehalten und abgedrückt. Nur die Intervention eines UN-Sicherheitsbeamten habe weitere Hinrichtungen verhindert.
Die Angreifer, die erbeutete Armeeuniformen, aber keine regulären Waffen der Armee trugen, kamen vermutlich aus burundischen Flüchtlingslagern in Tansania. Prominentester der einheimischen Toten war Alexis Gaturake, Generaldirektor der burundischen Zuckergesellschaft Sosumo. Vier UN-Mitarbeiter überlebten, darunter die US-Amerikanerin Kathleen Cravero-Kristofferson, operative Chefin der UN-Aktivitäten in Burundi. Die UNO stellte in Reaktion auf die Morde ihre Aktivitäten in Burundi ein.
In Burundi ist der jahrelange Krieg zwischen Hutu-Rebellen und der Tutsi-dominierten Regierung unter Präsident Pierre Buyoya seit September wieder aufgeflammt, nachdem die seit mehreren Jahren laufenden Friedensgespräche im Sande verliefen. Die Hutu-Rebellen haben ihre Aktivitäten bis in die Vororte der Hauptstadt Bujumbura getragen. Mehrmals haben sie öffentliche Verkehrsmittel außerhalb der Stadt angehalten, die Fahrgäste nach Hutu und Tutsi getrennt und die Tutsi erschossen. In Reaktion hat die Regierung 260.000 Hutu-Bewohner des Umlandes der Hauptstadt in Lager unter Armeebewachung umgesiedelt.
Hilfsorganisationen bemühen sich seitdem um deren Versorgung. Die größte Hutu-Rebellenbewegung FDD (Kräfte zur Verteidigung der Demokratie) sprach sich allerdings bereits vor zehn Tagen gegen humanitäre Hilfe für die Bewohner dieser Lager aus, weil damit die Politik der Regierung legitimiert würde. Der Angriff auf das UN-Team in Muzye scheint ein Versuch der Rebellen zu sein, ihre Position zu bekräftigen.
Experten stellen die Eskalation des Krieges in Burundi in einen Zusammenhang mit der relativen Befriedung der benachbarten Demokratischen Republik Kongo in den letzten zwei Monaten. Die im Kongo stationierten Hutu-Gruppen aus Ruanda und Burundi wollten ihren Kampf jetzt wieder in ihre Heimat tragen. Dominic Johnson
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