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Große Oper mit den Supermännern

Die San Antonio Spurs stehen im Mittelpunkt des Basketballturniers in Mailand, bei dem die NBA ihre Position in Europa weiter untermauern will    ■ Aus Mailand Thorsten Schabelon

Die Werbebanner sind riesig, und sie hängen überall in Mailand: Doch „Il grande basket“ ist keine neue Oper, zumindest keine, die in der Scala aufgeführt wird. Sie findet in der Sportarena FilaForum statt, und es geht um die McDonald's Championships, die inoffizielle Basketball-WM der Vereinsmannschaften, zu der NBA und Weltverband FIBA an diesem Wochenende in die norditalienische Fußballmetropole laden. Und wenn alle zwei Jahre die Vertreter der nordamerikanischen Profi-Liga nach Europa kommen, sind alle Zutaten für Show und Unterhaltung im Gepäck, darunter auch ein komplettes NBA-Team, diesmal die San Antonio Spurs.

Die NBA ist das Musterbeispiel für die erfolgreiche Kombination aus Sport und Show, Unterhaltung und Geschäft. Auch außerhalb der USA und Kanada werden die Fans regelmäßig mit Live-Basketball versorgt. Vorbereitungsspiele finden regelmäßig in Ländern wie Mexiko oder Israel statt, in diesem Jahr vergab die NBA bereits zum fünften Mal reguläre Saisonspiele nach Japan. Um die Claims auf dem europäischen Markt abzustecken, haben sich die amerikanischen Macher etwas Besonderes einfallen lassen – das Duell im Zeichen der Burger. Mit dabei: Südamerikas Kontinentalmeister Vasco de Gama aus Brasilien, die Adelaide 36ers für Australien und der Vertreter Asiens, die libanesische Mannschaft Sagesse. Als Repräsentant des Gastgeberlandes ist der italienische Meister Varese Roosters dabei. Das Feld komplettiert EuroLeague-Champ Zalgiris Kaunas aus Litauen. Im Mittelpunkt aber steht das Team aus San Antonio, das den Turniersieg längst in der Tasche hat. So glauben alle.

Der NBA-Meister firmiert, amerikanisch zurückhaltend, als „World Champion“. Als solcher haben die Texaner alles dabei, was der europäische Fan erwartet: Neben Superstars wie David Robinson und Tim Duncan die clubeigenen Cheerleader, überdimensionale Vereinsmaskottchen, Schiedsrichter, Pausenakrobaten, Superman, Cowboys und einen Haufen Merchandising-Kram. Natürlich fehlt auch der eigens eingeflogene Hallenboden nicht. Damit alles klappt, sind über 200 Mitarbeiter der NBA vor Ort. Einzig der sportliche Ausgang des Turniers wird dem Zufall, respektive dem sportlichen Geschick überlassen.

Bisher haben immer die NBA-Teams gewonnen. So soll es auch bei den San Antonio Spurs bleiben, die heute (DSF, 18 Uhr) im Endspiel auf den Sieger der Partie Kaunas – Adelaide treffen, sofern sie gestern Abend (nach Redaktionsschluss) das Halbfinal-Match gegen Varese unbeschadet überstanden haben. Trainer Gregg Popovich betont immer wieder, wie ernst San Antonio das Turnier nimmt. „Das Team ist reif genug, keinen Gegner zu unterschätzen“, sagt er.

Popovich, Beobachter beim Sieg Vareses gegen Sagesse, staunte anfänglich nur über die spektakulären Flugeinlagen der Pausenakrobaten. Erst nach einigen gekonnten Spielzügen und einem krachenden Alley-Hoop der Italiener griff er interessiert zur Lesebrille und notierte sich einige Spielernamen. Seine Akteure übten sich derweil in Optimismus. Tim Duncan: „Wir sind zum Gewinnen hier.“ Auch Antonio Daniels verliert keinen Gedanken an eine Niederlage: „Es ist Zeit, dass wir so richtig loslegen.“ Nur Aufbauspieler Avery Johnson warnt vor den Gegnern. „Wir wissen ja gar nichts über die anderen Mannschaften, das ist ein Riesenvorteil für sie.“

Center Robinson mag Italien, vor allem das Essen. Meist bestellt er Lasagne. Außerdem kann sich der 2,15-m-Mann hier frei bewegen: Beim mehrstündigen Schlendern durch die Stadt musste er nur „vier oder fünf Autogramme“ geben, berichtet Robinson. Das Turnier mit seinen vielen PR-Terminen sei aber eine Belastung für die Saisonvorbereitung.

San Antonios Gegner werden nicht müde zu betonen, dass ihr Turnierziel das Erreichen des Spiels gegen den NBA-Meister ist. An einen Sieg denken sie nicht. „Auch wenn sie nicht in Topform sind, reicht immer noch ihr Stolz, um uns zu besiegen“, ist sich Gianmarco Pozzecco (Varese) sicher. George Zidek von Zalgiris Kaunas sagt: „Wir wollen gegen sie ein gutes Spiel liefern und möglichst nicht zu hoch verlieren.“

Den ersten Erfolg konnten die San Antonio Spurs bereits am ersten Abend vor 6.500 Zuschauern in Mailand feiern. Aufbauspieler Jaren Jackson gewann den 3-Punkte-Shootout gegen sechs weitere Spieler. Er konnte sich aber nur denkbar knapp gegen Dontatas Slanina (Kaunas) durchsetzen. Vielleicht ist das ein Trend, wenn die San Antonio Spurs, wie andere NBA-Teams in vorangegangenen Turnieren, ihre Gegner doch nicht richtig ernst nehmen. Darauf wird in Mailand allerdings niemand wetten. Dass die Spurs die McDonald's Championship als neuntes NBA-Team gewinnen, erwartet jeder.

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