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Abgetauter Kühlschrank

■ Viele VerbraucherInnen trauen sich noch nicht, ihren Stromanbieter zu wechseln

„Die Macht der Liberalisierung wird überschätzt“, sagt Ivona Matas vom Kölner Marktforschungs-Institut IFM. Mit dem Wechsel des Stromversorgers sei es ähnlich wie mit dem Seitensprung in einer längjährigen Beziehung: Manch einer träume davon, traue sich dann aber nicht.

Mit sechzig „Tiefeninterviews“ sind die ForscherInnen in den vergangenen Wochen den Hoffnungen und Befürchtungen von PrivatkundInnen angesichts der Strommarktöffnung nachgegangen. Ergebnis: Viele VerbraucherInnen hätten Angst, dass der Kühlschrank abtaut und die Wohnzimmerlampe nicht mehr leuchtet, wenn sie ihrem Monopolisten Adieu sagen. „Kann der neue Versorger wirklich so sicher liefern, wie der alte?“, fragen sich Kunden. Außerdem seien viele Leute mit der Leistung ihres Stromunternehmens durchaus zufrieden, hat Matas erfahren. Angesichts der erprobten Beziehung scheue man das Risiko des Wechsels.

Die Zögerlichkeit der KundInnen ärgert im übrigen nicht nur die Ökoanbieter, sondern auch die Großkonzerne wie Energie Baden-Württemberg (EnBW, Yello) und RWE, die Dutzende Millionen Mark in die Werbung für ihren Billigstrom stecken.

Die Württemberger haben nach eigenen Angaben 500.000 Anfragen bekommen und neue Verträge im „hohen fünfstelligen Bereich“ abgeschlossen. 15.000? 60.000? Genaues erfährt man nicht.

„Nur wenige tausend Kunden waren bislang bereit, ihren Lieferanten zu wechseln“, sagt der Strategiemanager eines großen Versorgers der taz. Der Insider weiter: „Die Branche hüllt sich in verbalen PR-Nebel.“ Auch andere Beobachter sind sich einig: Der Werbezauber droht ein Flop zu werden.

Hinzu kommt, dass Verbraucherverbände noch immer davor warnen, schnell einen neuen Vertrag zu unterzeichnen. Die Berater weisen vor allem auf die teilweise langen Kündigungsfristen hin, die verhindern, den Versorger schnell zu wechseln, wenn die Preise weiter sinken.

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