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Maurice Papon gefasst und nach Frankreich abgeschoben

■ Der verurteilte Nazi-Kollaborateur wurde in der Schweiz verhaftet und sofort ausgewiesen

Paris (taz) – Die Schweiz hat kurzen Prozess mit dem Citoyen Papon gemacht. Wenige Stunden nachdem der in Frankreich wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilte NS-Kollaborateur im Schweizer Ferienort Gstaad verhaftet worden war, schob ihn die Schweizer Justiz gestern nach Frankreich ab. Justizministerin Ruth Metzler sagte, die Schweiz habe kein Interesse daran, den mit internationalem Haftbefehl gesuchten Papon zu schützen. Kurz zuvor hatte die Bundesregierung in Bern eine Sondersitzung anberaumt, um zu beraten, wie man den unangenehmen Gast schnellstens wieder loswerden könne.

Papon ist der erste französische Spitzenbeamte, der wegen seiner Mittäterschaft bei den Judendeportationen zur Zeit des Vichy-Regimes verurteilt wurde. Als Generalsekretär der Präfektur der Gironde hatte er die Deportation von rund 1.500 Menschen aus Bordeaux und Umgebung organisiert.

Nach dem Krieg machte Papon, der sich eine Bestätigung für seine angebliche Beteiligung an der Résistance besorgen konnte, weiter Karriere im französischen Staatsdienst. Nacheinander arbeitete er an einer Präfektur in Französisch-Algerien, auf Korsika und als Polizeipräfekt von Paris. Unter Staatspräsident Giscard d'Estaing brachte Papon es Ende der 70er-Jahre bis zum Haushaltsminister. Seine Karriere endete 1981, als erste Klagen wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit bekannt wurden. Bis zu einer Anklageerhebung gegen ihn vergingen dennoch 17 Jahre. Dorothea Hahn

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