: Später einschlafen, früher aufwachen
■ Protest in Moorburg gegen Rangiergleis vom Terminal Altenwerder nach Süden
Altenwerder ist schon platt, und in Moorburg wirds auch bald ungemütlich. Das Planfeststellungsverfahren für einen bis zu 34 Meter hohen Erdwall nördlich des Dorfes ist weit fortgeschritten. In einer Woche läuft die Frist ab, in der Einwände gegen das neueste Projekt des Senats erhoben werden können: ein Stichgleis vom geplanten Güterbahnhof Altenwerder geradewegs nach Süden auf das Spülfeld Moorburg Mitte.
Auf diesem „Ausziehgleis“ sollen Waggons vom geplanten Terminal Altenwerder zu langen Zügen verkoppelt werden können, bevor sie auf die Reise gehen. Rainer Böhrnsen, einer der Sprecher des Runden Tisches in Moorburg, befürchtet, dass der Krach der kreischenden und aufeinanderknallenden Güterwagen den MoorburgerInnen den Schlaf rauben wird. Das Lärmgutachten, so sein Vorwurf, berücksichtige einzelne laute Lärmereignisse nicht ausreichend. „Darüber hinaus werden die Rangierbewegungen vor allem in den Morgen- und Abendstunden stattfinden“, kritisiert er. „Das heißt, man fliegt morgens aus dem Bett und kommt abends nicht in den Schlaf.“
Böhrnsen kennt eine Alternative: Das Gleis könnte genauso gut nördlich des Altenwerder Süderdeichs in einem Bogen zur Elbe geführt werden, meint er. Vom Amt für Strom- und Hafenbau wurde diese Variante allerdings verworfen, „aus bahnbetrieblichen Gründen“, so dessen Sprecher Jörg Oellerich.
Das will Böhrnsen nicht gelten lassen. Er verweist auf Techniken, wie sie im Rangierbahnhof Maschen angewendet würden, und argumentiert, dass die Kurvenlösung außerdem billiger wäre. Denn das Ausziehgleis müsste auf einer Brücke über den Altenwerder Süderdeich geführt werden und auf einer Rampe aufs Spülfeld laufen.
Die Rampe ist für Böhrnsen ein weiterer Grund zum Misstrauen. Sie ist so breit ausgelegt, dass ein zweites Gleis darauf Platz fände. Der Senat halte sich damit die Option auf eine Verbindung zum Güterbahnhof an den Harburger Seehafenbecken offen, „für die Zeit, in der Moorburg Hafen geworden ist“. Absehbar ist das derzeit jedoch nicht: Moorburg hat laut rot-grünem Koalitionsvertrag einen „Bestandsschutz“ bis 2025. Oellerich räumt zwar ein, die Rampe sei durchaus „schon für die Zukunft“ geplant. Die Brücke über den Deich solle allerdings eingleisig werden, eine Erweiterung wäre „eine größere Nummer“.
„Wir waren sehr überrascht über das Planverfahren zum Ausziehgleis“, sagt Dirk Mecklenburg von der Harburger GAL und spricht von einer „Salamitaktik“ gegenüber Moorburg. Im Widerspruch zum Koalitionsvertrag würden die Lebensbedingungen der Menschen im Dorf allmählich verschlechtert. „Das kann man auf Dauer nicht hinnehmen“, so der Bezirksabgeordnete.
Viel zu sagen hat der Bezirk im Hafenerweiterungsgebiet Moorburg allerdings nicht, was Böhrnsen für schwer erträglich hält: „Es ist undemokratisch, über Jahrzehnte ein bewohntes Gebiet unter die Oberhoheit einer Behörde zu stellen“, schimpft er. Gernot Knödler
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