: Durchgeknallte VIPs ließen es „geil krachen“
■ Ein unerlaubtes Feuerwerk der „besten Töchter und Söhne des Landes“ auf dem Reichstag weckte die halbe Stadt. Die Bundestagsverwaltung stellt sich taub: „Hier herrschte Totenstille“
Olli hat es gestern „richtig geil krachen lassen“. Der Feuerwerker von „Olli's Entertainment“ ballerte in der Nacht zu Montag unerlaubt ohrenbetäubende Böller in den mitternächtlichen Berliner Himmel. Friedlich schlummernde Berlinerinnen und Berliner riss es mit lautem Krabauz und Krabum aus ihren Betten.
Ahnungslose Bürger klingelten im Nachthemd Sturm bei Polizei und Radiosendern. „Das hört sich ja an wie Krieg“, brüllten sie Fritz-Moderator Jürgen Düsselberg in seiner Mitternachtsshow „Blue Moon“ ins Ohr. Düsselberg konnte sie beruhigen: „Das hätten wir schon mitgekriegt.“
Auch die Leiterin des Landesamtes für Arbeitsschutz, erste Berliner Feuerwerk-Erlaubnis-Instanz, Dr. Hendrijke Zuschneid-Bertram, wurde durch lautes Knallen aus ihren Träumen gerissen. Sie ahnte schon im Halbschlaf: „Das haben wir sicher nicht genehmigt!“
Was war geschehen? – Neben Olli vergnügten sich im Käferrestaurant auf dem Reichstagsdach eine Reihe durchgeknallter VIPs, „die besten Töchter und Söhne des Landes“, wie die Leiterin des Umweltamtes Tiergarten, Regine Grafe, süffisant bemerkte. Sie feierten allen Ernstes und reichlich spät die „Einweihung der gläsernen Kuppel“. Statt es bei Sektkorken zu belassen, heuerten sie Olli an. Wer die Party organisiert hat, wusste bis Redaktionsschluss niemand.
Olli böllerte fröhlich drauflos, bis die Polizei den Krachmachern auf den Pelz rückte. Drei Wannen hielten am Reichstag. Passiert ist nichts. Angeblich war die Knallerei genehmigt, sagte ein Polizeisprecher. Die zuständigen Behörden aber haben davon zum ersten Mal gehört. Nicht nur Zuschneid-Bertram hätte ihr Okay geben müssen, sondern auch Umweltamtsleiterin Regine Grafe. Haben sie aber beide nicht. Grafe fand heraus: Das war eine reine VIP-Party mit ordentlich Lärm. „Feuerwerk mit Klang“, wie es im Bürokratendeutsch heißt. Doch nach 22 Uhr darf niemand ohne Sondergenehmigung einfach losböllern. Die VIPs hatten keine. Trotzdem unterstellte Regine Grafe den Veranstaltern „Gutwilligkeit in Anbetracht des hohen Ranges der Geladenen“. Bußgeld wird dennoch fällig, und das nicht zu knapp: Es errechnet sich aus der Zahl der bei der Polizei eingegangenen Anzeigen.
Die Bundestagsverwaltung stellt sich taub. In der Pressestelle will niemand etwas gehört oder gesehen haben: „Hier herrschte gestern Nacht Totenstille.“
Stattdessen schoben sie die Schuld an dem Krawall dem direkten Nachbarn zu: „Vielleicht waren es ja die vom Kanzleramt.“
Karen Heinrichs
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