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Patient SPD diskutiert über richtige Medizin

■  Sind die Heilungschancen in der Opposition oder in der Koalition besser? SPD-Landesausschuss beriet über die Ergebnisse des zweiten Sondierungsgesprächs zwischen SPD und CDU. Parteibasis bleibt allergisch

Bei dem viereinhalbstündigen Sondierungsgespräch zwischen Spitzenvertretern von SPD und CDU sind sich gestern beide Seiten offenbar näher gekommen. Aus Rücksicht auf den SPD-Landesausschuss, der direkt danach im Abgeordnetenhaus tagte, wollte SPD-Chef Peter Strieder aber keine Details nennen. Die Journalisten, die eine Stunde lang im Foyer der Berliner Wasserbetriebe in unmittelbarer Nähe des Roten Rathauses ausharren mussten, wurden mit ausgesprochen nebulösen Stellungnahmen abgespeist.

„Wir haben verschiedene Optionen erörtert, wie wir zu einer Regierung kommen können und wie die Fehler in der Zusammenarbeit behoben werden können“, sagte Strieder. Gemeint ist: Die Regierungsarbeit muss künftig so dargestellt werden, dass nicht die SPD alleine für die unpopulären Entscheidungen gerade stehen muss.

Strieders Verbeugung gegenüber den Parteigremien, die sich oft genug beschweren, dass sie Entwicklungen zuerst aus der Presse erfahren, ist rein taktisch bedingt. Denn nur mit einem äußerst behutsamen Vorgehen wird es der Parteiführung gelingen, die widerstrebenden Funktionäre zur Fortsetzung der Großen Koalition zu bewegen.

Strieder ließ zunächst nicht erkennen, ob er dem Landesausschuss die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der CDU empfehlen wolle. Bei Redaktionsschluss beriet das 50-köpfige Gremium noch, dem der geschäftsführende Landesvorstand und die 23 SPD-Kreisvorsitzenden angehören.

Aus Rücksicht auf die SPD ließ sich auch CDU-Parteichef Eberhard Diepgen über das „sehr konstruktive Gespräch“ kaum etwas zu entlocken. Nur so viel: In der Wirtschaftspolitik, der Arbeitsmarkt- und Stadtentwicklungspolitik habe es breite Übereinstimmung gegeben. Ziel sei eine handlungsfähige Regierung für Berlin, am besten noch in diesem Jahr. „Das objektive Interesse der Stadt und auch der SPD ist doch, zu einer handlungsfähigen Regierung zu kommen.“

Neben Strieder hatten für die SPD Fraktionschef Klaus Böger und der Köpenicker Bürgermeister Klaus Ulbricht an dem Gespräch teilgenommen. Auf CDU-Seite saßen Diepgen, CDU-Generalsekretär Volker Liepelt und Fraktionschef Klaus Landowsky am Tisch. Liepelt befand: „Wir sind einen Schritt weiter gekommen.“

Diepgen erklärte, wenn der SPD-Landesausschuss grünes Licht für die Aufnahme von Koalitionsgesprächen gebe, könnten die Verhandlungen bereits in der nächsten Woche beginnen. Dies gilt jedoch als unwahrscheinlich, da die SPD-Basis auf einen Sonderparteitag drängt. Dieser könnte am ersten Novemberwochenende stattfinden. Eine konkrete Planung dafür gebe es aber noch nicht, erklärte gestern SPD-Sprecher Frank Zimmermann. Dorothee Winden

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